Einst Flucht, jetzt die Bühne
Mit ihrer Lebensgeschichte will Suzana Stipic andere motivieren

Suzana Stipic hat noch viele Pläne. Unter anderem bringt sie einen Podcast und ein Buch heraus. | Foto: Philipp Hartmann
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„Bevor ich die Bühne betrete, geht mein Herz auf 270. Aber auf der Bühne weiß ich sofort, was ich sagen muss. Ich liebe es zu reden“, erzählt Suzana Stipic (45). Am 9. Oktober nahm die Lichtenraderin am „1. Internationalen Silent Speaker Battle“ in Wiesbaden teil. Mit ihrer lockeren Art schaffte sie es ins Finale und damit in die Top Ten der 180 Teilnehmer.

Bei dem von Coach und Autor Hermann Scherer entwickelten Event stehen vier Sprecher zeitgleich auf der Bühne und haben drei Minuten Zeit, einen Vortrag zu einem beliebigen Thema zu halten. Das Publikum hört über Kopfhörer zu, kann per Knopfdruck zwischen den Reden switchen, muss sich jedoch für einen Kandidaten entscheiden. Anhand der Leuchten, die an den Kopfhörern angebracht sind und für jeweils einen der Sprecher stehen, können diese jederzeit erkennen, wie viele Zuhörer gerade ihrem Vortrag lauschen. Am Ende wird über die Leuchten ausgewertet, welcher Wettbewerber die meisten Zuhörer von sich überzeugen konnte.

„Es geht um Bühnenpräsenz, Körpersprache, Blickkontakt, das gesamte Erscheinungsbild“, erklärt Suzana Stipic, die Vergleiche zur Politik zieht. Manche Politiker seien total langweilig, während andere das Talent hätten, die Zuhörer richtig mitzureißen. „Barack Obama ist, egal, was man von ihm hält, ein perfektes Beispiel für einen guten Speaker.“

Mit ihrer Teilnahme an dem Wettkampf wollte sie sich selbst testen und stellte dabei fest, dass sie nicht nur das Zeug dazu hat, vor Publikum aufzutreten, sondern dass es ihr auch viel Spaß macht. Als Vortragsthema wählte sie ihre eigene Lebensgeschichte. „Ich habe davon erzählt, wie es ist, ein Flüchtling zu sein“, berichtet sie. Stipic wuchs im ehemaligen Jugoslawien auf und wollte unbedingt dem Krieg entkommen, den sie ein Jahr lang miterlebt hatte. Bei einem Urlaub im heutigen Kroatien lernte sie 1989 eine Niederländerin kennen. Sie verstanden sich auf Anhieb und wurden Brieffreunde. Drei Jahre später – Suzana Stipic war inzwischen 18 Jahre alt – entschied sie sich zur Flucht. Ihre Freundin besorgte ihr die nötigen Papiere. Mit dem Zug kam sie in die Niederlande. 1992 zog sie nach Bremerhaven. Seit 2009 lebt sie in Berlin. Mit ihrer Schwester hat sie hier den gemeinnützigen Verein „Berliner-Balkan-Agentur“ gegründet. „Wir helfen Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die eine bessere Zukunft suchen“, sagt sie. Unterstützung könnten sie beispielsweise bei der Wohnungssuche oder der Vermittlung von Deutschkursen anbieten.

Als Suzana Stipic nach Deutschland kam, hatte sie es nicht leicht. Alles sei anders gewesen, die Sprache, aber auch die Mentalität. Ein Beispiel: „Wenn bei uns Gäste kommen, muss man sich nicht anmelden. Man kommt vorbei, wenn man möchte. In Deutschland fragt jeder, kann ich vorbeikommen?“ Sie passte sich jedoch an, lernte die Sprache und bezeichnet sich selbst heute als gelungenes Beispiel für Integration.

Seit 2010 ist sie als Motivationstrainerin für Frauen tätig. „Man hat immer eine Chance im Leben, egal, wie schwierig die Umstände auch aussehen.“ Diese Überzeugung will sie auch an andere weitergeben. Aktuell arbeitet sie an einem „witzigen Motivationsbuch“ über ihr Leben. Ein Verlag ist bereits gefunden. 2020 soll es erscheinen. Außerdem startet Suzana Stipic gerade einen Podcast. „Ich fahre nachher noch los und schneide die erste Folge“, sagt sie zum Ende unseres Gesprächs.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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