Unternehmen finanziert Mitarbeitern Klavierunterricht
Die Firma "infoteam" hat seinen Sitz in einer herrschaftlichen Bankiersvilla in der Königsberger Straße. Hier sitzen die Mitarbeiter an ihren Computer-Arbeitsplätzen. "Wir entwickeln Software für Messen und große Ausstellungen", sagt Geschäftsführer Matthias Müller. 38 Mitarbeiter hat das Unternehmen. Sie arbeiten hoch konzentriert an Bildschirmplätzen. Um einen Ausgleich zur einseitigen Belastung zu schaffen, hatte Müller die Idee zum "Tastaturwechsel": Mitarbeiter, die den Wechsel der Tastaturen vollziehen möchten, bekommen jeweils eine halbe Stunde vom Unternehmen bezahlten Einzelunterricht am Klavier.
"Durch den Tastaturwechsel sorgen wir dafür, dass dem heute gängigen Problem Burnout aktiv vorgebeugt wird. Wir gehen mit Spaß an der Musik gegen Überbelastung vor. Klavierunterricht als Gesundheitsfürsorge gewissermaßen", sagt der Firmenchef. Bei diesem einzigartigen Projekt erfülle sich zudem so mancher aus dem Team den Lebenstraum Klavierspielen. Und das während der Arbeitszeit.
So auch Sebastian Mandsfeld. Inzwischen hat er am Klavier, das eigens für dieses Projekt vom Firmenleiter angeschafft wurde, Platz genommen. Damit er die Arbeit seiner Kollegen nebenan nicht stört, ist das Klavier stumm geschaltet. Die Töne hört er über einen offenen Kopfhörer. Das heißt, er kann problemlos mit Klavierlehrer Stephan Kratzert kommunizieren. Der äußert sich lobend über seinen Schüler: Er mache gute Fortschritte und kann inzwischen "Für Elise" spielen. Mandsfeld ist auch kein blutiger Anfänger. Aber die Zeit, als er Klavierunterricht bekam, liegt schon etliche Jahre zurück. Als Kind habe er Klavier spielen gelernt, erzählt der 37-Jährige. "Ohne diese Möglichkeit hier in der Firma, hätte ich nicht noch einmal angefangen", sagt er. Die positive gesundheitliche Wirkung habe sich ziemlich schnell eingestellt. "Ich bin deutlich entspannter nach dem Unterricht." Stress und Frust vergesse er und auch gesundheitliche Probleme verschwänden.
"Das Klavierspielen kann Fehlhaltungen vorbeugen, die bei der Bildschirmarbeit durch falsche Sitz- und Armhaltung begünstigt werden", erklärt Stephan Kratzert einen weiteren positiven Aspekt. Er findet die Idee "einzigartig und effektiv". "Die Mitarbeiter kommen erschöpft von der Bildschirmarbeit. Das Klavierspiel hilft ihnen ohne Druck zu ihren Gefühlen zu finden und ihren Körper zu spüren. Das ist ein guter Ausgleich zur geistigen Arbeit und führt zu einem tiefen Gefühl der Entspannung", sagt der Fachmann.
Nach einer ersten Retrospektive stand für alle Beteiligten fest, dass dieses Projekt weitergeführt wird. Inwieweit sich das Klavierspiel letztendlich auch auf den Krankenstand auswirkt, sei noch nicht ermittelt worden. "Aber zur Gesundheit trägt es auf jeden Fall bei", ist sich Matthias Müller sicher.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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