Viertel im Zeichen des Branntweins
Vor 100 Jahren wurde der Grundstein für die Monopol-Siedlung gelegt

Gehwege in der Monopolsiedlung gibt es bis heute nicht. | Foto: Schilp
  • Gehwege in der Monopolsiedlung gibt es bis heute nicht.
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Wer sie nicht kennt, wird sie kaum im Vorbeifahren entdecken: Die Häuser der Monopol-Siedlung gruppieren sich rund um die Monopolstraße, die Anliegern vorbehalten ist und auf der Tempo 10 gilt. Sie sind denkmalgeschützt und ihre ersten Bewohner hatten beruflich mit Hochprozentigem zu tun.

Zwischen Ullstein- und Eisenacher Straße erstreckt sich die Siedlung, die in den Jahren 1922 und 1923 gebaut wurde. Ihren Namen verdankt sie dem damals geschaffenen „Branntweinmonopol“: Im letzten Kriegsjahr 1918 beschloss die Reichsregierung, die Herstellung, die Einfuhr und den Verkauf von Spirituosen zu kontrollieren. Dabei ging es nicht nur um den Schutz der Bevölkerung vor minderwertigem Fusel, sondern auch um dringend gebrauchte Steuereinnahmen.

Nach dem Krieg, in der Weimarer Republik, wurde das Ganze in ein Gesetz gegossen und eine Reichsmonopolverwaltung für Branntwein gegründet, die in ein Fabrikgebäude an der Ringbahnstraße zog. Für die Angestellten und Beamten wurde nach Plänen von Wolfgang Binder die Siedlung errichtet.

Er folgte der damals populären Gartenstadtidee und entwarf Doppel- und Reihenhäusern im Stil des expressiven Realismus. Sie waren mit Ziegeln gedeckt, hatten Sprossenfenster und farbig bemalte Fensterläden. Um das Ensemble noch weniger langweilig zu machen, wurden die Gebäude abwechselnd gedreht, sodass mal die Giebelseite, mal die Längsseite zu den Straßen wies. Diese waren übrigens nur für Fußgänger gedacht, Gehwege gab und gibt es nicht.

Heute würden hier sicherlich viele Menschen gerne leben – an der Monopolstraße, am Lerchen-, Finken- oder Schwalbenweg. Das kleine Viertel ist eine verkehrsberuhigte, hübsche Oase und dabei nur einen kurzen Fußweg vom quirligen Mariendorfer Damm entfernt. Doch die ersten Bewohner hatten durchaus mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Geld war nach dem Ersten Weltkrieg knapp, die Baukosten durften nicht hoch sein. So wurden schnell Mängel deutlich: Ein Teil des Bauholzes war vom Schwamm durchdrungen, einige Zwischendecken drohten einzustürzen, Sanierungen wurden schon kurz nach dem Einzug nötig. Dass es damals auch an Lebensmitteln mangelte, ist an einer anderen Besonderheit abzulesen. Die kleinen Häuser verfügten nicht nur über einen Ziergarten zur Straße hin, sondern auch über einen Nutzgarten, in dem Gemüse gezogen wurde. Mehr noch: In den alten Bauzeichnungen sind noch die Ställe für Kleintiere im Erdgeschoss zu erkennen und darunter, im Keller, die Dunggruben.

Die Informationen stammen zum Teil aus der Broschüre „Wege aus der Wohnungsnot“ des Bezirksamts.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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