Sonja Z. will eine Selbsthilfegruppe für Transgender gründen
Marzahn. Sonja Z. ist ein Transgender. Sie will eine Selbsthilfegruppe für Menschen im Bezirk gründen, die nicht mit dem Geschlecht leben wollen oder können, das ihnen von Geburt zugeordnet wurde. Mit Sonja Z. sprach Berliner-Woche-Reporter Harald Ritter.
Frau Z., was heißt das eigentlich, nicht mit dem Geschlecht leben zu können, mit dem man geboren wurde?
Sonja Z.: Bei meiner Geburt war ich ein Junge, mit allem Drum und Dran, was bei einem Jungen dazugehört. Mein Taufname war Thomas. Aber schon als Kind habe ich mich lieber wie ein Mädchen gekleidet. Später wurde eine ganze Gefühlswelt daraus, die nicht der eines Mannes entspricht. Ich fühle wie eine Frau und ich will eine Frau sein.
Wann wurde Ihnen klar, dass Ihnen Ihr Körper fremd ist?
Sonja Z.: Das ging in mehreren Schritten. Ich habe Schlosser gelernt. Schon bald merkte ich, dass ich mit dem Klima auf den Baustellen nicht zurechtkam, mit diesem Machogerede. Das war noch in Süddeutschland, wo ich aufgewachsen bin. Wenig später ging ich nach Berlin, um freier leben zu können. Das war in den 80er-Jahren, da war ich Mitte 20. Ich hatte zwischenzeitlich das Abitur nachgemacht und studierte Musikwissenschaft. Das Studium habe ich allerdings nicht beendet, weil ich Geld verdienen musste, für die Familie, für die Kinder.
Sie haben also geheiratet und eine Familie gegründet. Warum?
Sonja Z.: Um ein normales Leben zu führen. Ich wollte auch Kinder. Inzwischen habe ich vier Kinder aus zwei Ehen.
Wie haben Ihre Kinder auf diesen Wandel reagiert?
Sonja Z.: Ich bin inzwischen zweimal geschieden. Die Kinder akzeptieren, dass ich anders bin. Die beiden großen Jungs haben sich daran gewöhnt und den beiden Kleinen, zwei Mädchen, macht es Spaß, wenn ich ihnen zeige, wie man sich schminkt.
Das mag im Privatleben funktionieren. Wie aber reagieren die Menschen auf Sie, mit denen Sie in Ihrem Beruf zu tun haben?
Sonja Z.: Nach dem Abbruch des Studiums wurde ich Pflegehelfer. Die Arbeit macht mir Freude, zumal mein Anderssein meist akzeptiert wird. Es ist da auch kein Problem, zumindest bei meinem Arbeitgeber, dass ich mich wie eine Frau kleide und mein Haar wie bei einer Frau frisiert ist.
Seit 2004 leben Sie in Marzahn. Wie kommen Sie als Transgender im Alltag in Ihrem Kiez zurecht?
Sonja Z.: Auch ganz gut. Die Menschen in meinem Viertel sind toleranter als das gemeinhin vermutet wird. Klar, es gibt mal blöde Bemerkungen während des Einkaufs beim Netto. Besonders Frauen schauen mich manchmal aufdringlich und herausfordernd an. Unangenehm kann es werden, wenn ich einer Gruppe von Jugendlichen begegne, besonders Migranten.
Warum suchen Sie jetzt Kontakt mit anderen Transgendern im Bezirk, warum wollen Sie die Selbsthilfegruppe jetzt gründen?
Sonja Z.: Inzwischen bin ich so weit, an eine Operation zu denken, an eine Geschlechtsangleichung. Das ist physisch ein erheblicher Eingriff. Ich weiß noch nicht, wie ich seelisch damit zurechtkommen werde. Ich suche Halt und Verständnis bei Menschen, die in einer ähnlichen Lage sind. Vielleicht kann man sich gegenseitig helfen und manchen Rat bekommen.
Können da dann auch Frauen mitmachen, die sich mehr als Männer fühlen?
Sonja Z.: Natürlich. Soviel ich weiß, ist das sogar die größere Zahl von Transgender als umgekehrt.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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