Frühe Pubertät ist selten ein Grund zur Sorge
Nein, sagt Prof. Olaf Hiort, Leiter des Hormonzentrums für Kinder- und Jugendliche des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein: "Wenn die Mädchen mehr als acht und die Jungen mehr als neun Jahre alt sind, dann ist das eher nicht der Fall, dann ist es in der Regel eine frühe normale Pubertät", beruhigt er.Erst wenn die Pubertät eher einsetzt - bei Mädchen vor dem achten und bei Jungen vor dem neunten Geburtstag -, sprechen Ärzte von vorzeitiger Pubertät. Im Mittel setze die Pubertät in Deutschland bei Mädchen kurz vor dem elften und bei Jungen kurz vor dem zwölften Lebensjahr ein, erklärt der Mediziner. "Es gibt aber eine große Schwankungsbreite."
Körperliche Krankheiten stecken manchmal hinter dem vorzeitigen Beginn, besonders bei sehr jungen Kindern. Zu den Risiken der vorzeitigen Pubertät, die eine Behandlung erforderlich machen können, gehört Hiort zufolge der Aspekt, dass die Kinder mit den frühen körperlichen Veränderungen überfordert sein können. Außerdem kann Kleinwüchsigkeit ein Problem sein, das oft gemeinsam mit vorzeitiger Pubertät auftritt.
Voreilig sollte sich aber niemand zur Behandlung mit Hormonen entschließen, warnt Esther M. Nitsche, Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin und zweite Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie in Deutschland. Viele Eltern drängten auf eine Therapie, obwohl gar kein krankhafter Befund bestehe. "Mit einer Behandlung greifen wir massiv in den Hormonhaushalt ein", stellt Nitsche klar.
Die Entwicklungspsychologin Karina Weichold von der Universität Jena bestätigt, dass Frühreife eine Reihe psychosozialer Konsequenzen nach sich ziehen kann. "Wenn etwa kleine Mädchen pubertätsbedingt anders als die Freundinnen schon früh mit Fettpölsterchen zu kämpfen haben, fördert dies emotionale Problematiken wie mangelndes Selbstvertrauen, Depressionen oder Angststörungen", erläutert sie. Eine frühe Reife könne darüber hinaus bei beiden Geschlechtern zu frühen sexuellen Kontakten und dem Missbrauch von Alkohol führen.
Umso wichtiger ist es laut Weichold, dass Eltern am Ball bleiben, einen guten Kontakt zu ihren Kindern pflegen und diese vor allem auch umfassend und frühzeitig aufklären. "Wenn von Anfang an eine gute Gesprächskultur entwickelt wird und die Kinder freiwillig von sich erzählen, was sie in der Schule und der Freizeit erleben, dann ist das ein sehr wichtiger Schutzfaktor gegen viele verschiedene Problemverhaltensweisen", stellt die Entwicklungspsychologin klar.
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.