Sozialstadträte befürchten ohne Kontrollen Kostenanstieg
Mehr als eine Milliarde Euro geben die Bezirke im Jahr nur für Grundsicherung, Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege aus, rechnete das Quartett, bestehend aus Stephan von Dassel (Bündnis 90/Grüne) aus Mitte, Knut Mildner-Spindler (Linke, Friedrichshain-Kreuzberg), Ines Feierabend (Linke, Treptow-Köpenick) und Bernd Szczepanski (Bündnis90/Grüne, Neukölln) bei einem Pressetermin im Rathaus Wedding vor. Diese Summe werde in den kommenden Jahren ansteigen, wenn es nicht mehr genügend Mitarbeiter für eine Kontrolle der Anträge gebe. Ihre Befürchtung untermauerten die Stadträte mit Beispielen aus der täglichen Praxis. "Wir haben im Bereich Hilfe zur Pflege drei Kollegen, die die Rechnungen der Anbieter durchsehen und prüfen, ob die Leistung tatsächlich erbracht wurden", berichtet Stephan von Dassel. Das Trio koste 100 000 Euro im Jahr, sorge aber in der gleichen Zeit für Einsparungen in Höhe von rund 400 000 Euro. Ähnlich sehe es auch bei der Grundsicherung aus. Hier ergebe sich bei Recherchen oft, dass die Antragsteller auf weitere Einnahmen zurückgreifen können und der Zuschuss vom Amt dann geringer ausfällt. Aktuell sei das etwa bei vielen Spätaussiedlern der Fall, die noch Ansprüche auf eine Rente aus Russland haben. Um das zu leisten, brauche es aber genügend Mitarbeiter. "Fehlen die, können wir in Zukunft nur noch den Stempel draufhauen und ungeprüft bewilligen." Wie sehr sich eine Steuerung der Ausgaben lohne, hätten gerade die vergangenen Jahre gezeigt, betonten die vier Sozialdezernenten.
Zwischen 2006 und 2011 seien die Fallzahlen im Bereich der Eingliederungshilfe um 29 Prozent, die Kosten aber nur um sechs Prozent gestiegen. Bei der ambulanten Pflege muss das Land Berlin im kommenden Jahr wahrscheinlich 20 Millionen Euro weniger ausgeben, als ursprünglich geplant. Und das, obwohl auch dort die Zahl der Leistungsempfänger ständig größer wird.
Solche Erfolge durch weniger Beschäftigte ins Gegenteil zu verkehren, sei absolut nicht nachvollziehbar, sind die Stadträte überzeugt. "Das wird der teuerste Personalabbau aller Zeiten."
Insgesamt sollen in den Berliner Bezirksverwaltungen in den kommenden fünf Jahren 1451 Vollzeitstellen wegfallen. Am stärksten betroffen ist Treptow-Köpenick mit 309 Beschäftigten, das entspricht 19 Prozent aller Mitarbeiter. "Wenn sich unser Sozialamt mit diesem Prozentsatz am Stellenabbau beteiligen muss, wären das dort 25 Arbeitsplätze weniger", sagt Ines Feierabend. "In Wirklichkeit bräuchten wir aber 16 zusätzliche Kräfte." Macht insgesamt eine Differenz von 41. Das Sozialamt Mitte soll um elf Stellen reduziert werden, gleichzeitig wird ein Mehrbedarf von 22 angemahnt. In Friedrichshain-Kreuzberg lauten die Zahlen: Minus Fünfeinhalb, zusätzlich gebracht würden aber achteinhalb Mitarbeiter. Neukölln ist zwar vom Personalabbau überhaupt nicht betroffen, aber auch Stadtrat Szczepanski verlangt 20 weitere Arbeitsplätze "Wir haben bereits in den vergangenen Jahren bei den Beschäftigten eingespart, aber dafür sind die Transferleistungen in manchen Bereichen exorbitant gestiegen." Also genau das, was jetzt insgesamt befürchtet wird.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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