Stellschraube für die Verkehrswende
Neue Landesfirma Infrasignal übernimmt ab 2023 das Management der Lichtsignalanlagen
Um den Bau und Betrieb der mehr als 2100 Lichtsignalanlagen (LSA), wie Verkehrsampeln im Fachjargon heißen, will sich ab 2023 wieder der Senat kümmern.
Zu kurze Grünphasen für Fußgänger, grüne Wellen, die nicht fließen, oder fehlende Vorrangschaltungen für Busse – immer weder gibt es Unmut über Berlins Ampelprogrammierungen. Und auch der Senat ist unzufrieden und macht jetzt doch die Ampel – nicht als Farben der Regierungskoalition, sondern als Betreiber der LSA. Die Senatsverkehrsverwaltung hat mitgeteilt, dass sie mit der noch zu gründenden Landesfirma Infrasignal ab 2023 das Ampelmanagement übernimmt. Der neue Ampelbetreiber ist eine Tochter der kommunalen Parkfirma Grün Berlin, zu der auch die Fahrradweg-Tochter Infravelo gehört.
Mit der Rekommunalisierung will Berlin die Mobilitätswende beschleunigen. Der rot-rote Wowereit-Senat hatte 2006 den Ampelbetrieb ausgelagert, um Kosten zu sparen. Die frühere rot-schwarze Koalition hatte den Vertrag 2015 mit der holländischen Firma Alliander Stadtlicht, einer Tochter des Energienetzbetreibers Alliander AG, um weitere zehn Jahre verlängert. Jetzt haben sich Senat und Alliander auf eine früheren Ausstieg geeinigt. „Den Kauf- und Übertragungsvertrag des entsprechenden Geschäftsbereichs mit Wirkung zum 31. Dezember 2022 haben die Alliander AG und die landeseigene Grün Berlin GmbH an diesem Donnerstag unterschrieben“, teilte die Senatsverkehrsverwaltung vergangene Woche mit.
Mit der neuen Senatsfirma Infrasignal erhofft sich Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) eine Beschleunigung der Mobilitätswende. Zwischen Verwaltung und Generalübernehmer soll es öfter gehakt haben. „Direkte Steuerung, weniger Schnittstellen, schnellere Umsetzung“ seien die Ziele der Rekommunalisierung von Bau und Betrieb der Lichtsignalanlagen. „Moderne Ampelschaltungen sind eine entscheidende Stellschraube, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Umweltverbund aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr schnell noch attraktiver zu machen. Zugleich bringen wir auf diese Weise den Klimaschutz voran“, sagt Regine Günther. Sie spricht von „einer höheren Verbindlichkeit“ und einer „schnelleren Adaption an die Pläne für die Mobilitätswende“, wenn eine Landesfirma das macht. Die Ampeln sollen durch angepasste Schaltungen Fußgängern, Radfahrern und dem ÖPNV den Vorrang geben. Für diese Transformation zu einer Stadt der Verkehrswende sei der effiziente Aus- und Umbau der Lichtsignalanlagen essenziell, so Günther.
Die Holländer scheinen nicht traurig zu sein, sich nicht mehr mit Berlins Verwaltung rumschlagen zu müssen. „Wir freuen uns über die positive Entscheidung der Stadt Berlin, zukünftig die Lichtsignalanlagen wieder aus eigener Kraft betreiben zu wollen“, sagt Alliander-Chef Frank Zeeb. „Aufgrund der immer komplexer werdenden Anforderungen an den Schutz kritischer Infrastrukturen und der notwendigen Umsetzung einer nachhaltigen Verkehrswende gehören Lichtsignalanlagen in die Hände der Stadt.“ Für den Zehnjahresvertrag waren 272 Millionen Euro vereinbart.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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