Bezirksamt stellt Musiklehrern jetzt ein Ultimatum
Nach wochenlangen Auseinandersetzungen haben die Behörden den Instrumentalpädagogen die Pistole auf die Brust gesetzt: Unterschreiben oder ganz aufhören. Die neuen Verträge verschlechtern nach Auffassung der Lehrer die Bedingungen, zu denen sie unterrichten sollen. Danach würden Ferien- und Feiertage nicht mehr honoriert werden. Nur wenige hätten bislang unterzeichnet - trotz des Drucks von oben, sagt Pia Offermann, die an der Leo-Borchard-Schule Gitarre unterrichtet. Die 44-Jährige kämpft mit ihren Kollegen seit März gegen die neue Regelung: "Dieser Vertrag ist inhaltlich entwürdigend und unterhöhlt unsere wertvolle Arbeit."
Die alten Honorarverträge hatte die Deutsche Rentenversicherung beanstandet. Sie monierte, dass die Honorarkräfte nur zum Schein selbstständig seien. Feiertage wurden nach der früheren Regelung ebenso bezahlt wie Schulferien. Nach dem Bundesgesetz gegen "Scheinselbstständigkeit" von 1999 können Honorarverträge von Künstlern mit einem einzigen Auftraggeber darunter fallen. Versichern müssen sich die Musiklehrerinnen selbst. Zwei Drittel der Betroffenen sind weiblich.
Joachim Gleich, Leiter der Leo-Borchard-Schule, bedauert die Entwicklung. Die Sorgen der 320 freien Musiklehrer der Schule seien berechtigt. Die Einkommenseinbußen schätzt er auf 3,3 Prozent. Das mache sich vor allem bei der Rente bemerkbar. Im Schnitt kommen die Musiklehrer nach Gleichs Schätzung auf 26 000 Euro Bruttoeinkommen im Jahr. Laut Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) bedeuten die neuen Regelungen zunächst mal "keine Veränderung des Status quo." Der Bezirk müsse die Musiklehrer wie Selbstständige bezahlen. Sie gesteht aber, dass die neuen Arbeitsvertragshonorare die lange Ausbildung und den doppelten Hochschulabschluss nicht widerspiegelten "Wir können uns aber nicht aus dem Kanon des Landes Berlin ausklinken", sagt die 51-Jährige. Die Senatsbildungsverwaltung gebe vor, was der Bezirk zu tun habe.
Im alten Bundesgebiet sei fast die Hälfte der Lehrenden an Musikschulen fest angestellt, in Berlin nur drei Prozent. Für Anastasia Nicolai sind "Musikschulen ein Aushängeschild der Gesellschaft" und der einzige Ort, wo Schüler noch richtig gefordert seien. Die 42-Jährige unterstützt die Forderungen der Pädagogen nach gerechteren Verträgen
Mehr als 1000 "Freie" haben die neuen Verträge abgelehnt, darunter 152 aus dem Bezirk. 13 000 Unterschriften fand ihre Petition gegen die schlechteren Bedingungen. Mit Protesten wollen sie weiter auf ihre Lage aufmerksam machen.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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