Die Berliner Woche blickt zurück (Ausgabe Tempelhof)
Januar
Ein tragischer Unfall in Lichtenrade bewegt die Gemüter. Am 17. Januar gegen 7.30 Uhr wurde eine 14-Jährige auf dem Schulweg beim Überqueren der Groß-Ziethener-Straße, Ecke Alt-Lichtenrade von einem Pkw angefahren und schwer verletzt worden. Einen Tag danach ist das Mädchen an den Unfallfolgen gestorben. Die Ampel an dieser Ecke war zu dieser Zeit wegen eines Wasserrohrbruchs außer Betrieb.
Februar
Die erste Hürde ist Mitte Februar mit Bravour genommen. Innerhalb kürzester Zeit hat die Bürgerinitiative "100 Prozent Tempelhofer Feld" exakt 28.147 Unterschriften, über 8000 mehr als benötigt, für den Antrag auf ein Volksbegehren zum Erhalt des Tempelhofer Feldes in der bisherigen Form gesammelt und bei der zuständigen Senatsverwaltung für Inneres und Sport abgeliefert. Damit stand dem Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens formal nichts mehr im Wege.
März
Trotz aller Bürgerproteste und dem absehbaren Volksbegehren will der Senat offenbar unbedingt seine umstrittenen Baupläne für das ehemalige Flugfeld durchsetzen. Stadtentwicklungssenator Michael Müller präsentiert den "Masterplan" für die Entwicklung des riesigen Innenstadtareals. Danach soll zunächst der südwestliche Rand des Feldes mit der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) sowie mit über 1000 Wohnungen und Gewerbeflächen bebaut werden.
April
Der Konflikt um das an der Säntisstraße auf dem Gelände einer Laubenkolonie geplante Logistikzentrum spitzt sich zu. Auf einer Einwohnerversammlung wird sogar der Rücktritt von Stadträtin Sybill Klotz (Grüne) gefordert. Die gesamte Spitze der Bezirks-SPD stellt sich geschlossen an die Seite der Laubenpieper und Anwohner und will helfen, das Logistikzentrum zu verhindern. Die Grünen bezichtigen ihren BVV-Zählgemeinschaftspartner daraufhin des Populismus.
Mai
Der offizielle Startschuss für ein großes Sanierungsprojekt ist gefallen. Rund 70 Millionen Euro will die städtische Wohnungsbaugesellschaft "Stadt und Land" innerhalb von fünf Jahren für die Sanierung und Modernisierung der Lichtenrader John-Locke-Siedlung ausgeben. Die in den 1960er Jahren am südlichen Stadtrand gebaute Großsiedlung mit insgesamt rund 1800 Wohnungen soll bis 2018 auf den energetisch neuesten Stand gebracht werden.
Juni
Im Volkspark Mariendorf wird ein lautstarkes Jubiläum gefeiert. Zum 30. Mal geht der dreitägige und längst Kultstatus genießende Tempelhofer Rocktreff im Fußballstadion über die Bühne. In einschlägigen Bandkreisen zählt ein Auftritt mittlerweile beinahe so viel wie anno Woodstock und Musiker aus Nah und Fern reißen sich förmlich darum. Das traditionelle Open-Air-Musikspektakel war wie üblich mit einem Spielfest für die ganze Familie kombiniert.
Juli
Überraschung in der BVV: Gegen den Willen von SPD und Grünen ist der erste Einwohnerantrag auf Bezirksebene zwecks Rettung der Laubenkolonie Säntisstraße denkbar knapp mit nur einer Stimme Mehrheit angenommen worden. Den unerwarteten Ausschlag gaben drei ausgescherte SPD-Genossen, die gegen ihre eigene Fraktion und für die Interessen der Bürger stimmten. Die anfängliche Freude der Bürger verflog allerdings schnell.
August
Anfang des Monats feierte die Hausgemeinschaft Schulenburgring 2 das 100-jährige Bestehen ihres geschichtsträchtigen Wohnhauses. Es wurde 1945 für einen Moment weltberühmt, als der Berliner Kampfkommandant in der Erdgeschosswohnung die Kapitulationsurkunde für die Berliner Garnison unterschrieb. Offiziell war damit die Schlacht um Berlin nach 16-tägiger Dauer zu Ende.
September
Nach zehnjähriger Baupause feierte die Wohnungsgesellschaft degewo in Marienfelde wieder ein Richtfest. Für knapp sechs Millionen Euro entsteht an der Waldsassener Straße/Ecke Pfabener Weg auf einem ehemaligen Bolzplatz ein Neubau mit 52 Mietwohnungen. Die Bewerber stehen Schlange. Die Vermietung soll Anfang des neuen Jahres losgehen. Bis 2020 plant die degewo den Bau von insgesamt 3500 Wohnungen, 800 davon auf dem Tempelhofer Feld.
Oktober
Obwohl weder das Widerspruchsverfahren abgeschlossen noch über den Einwohnerantrag zum Erhalt der Kleingartenkolonie Säntisstraße entschieden ist, erfahren die ersten betroffenen Laubenpieper, dass sie kurzfristig ihre Sachen packen und die Scholle noch im alten Jahr räumen müssen. Stadtentwicklungsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) kündigt die Erteilung der Baugenehmigung für das Logistikzentrum auf der ersten Teilfläche des Geländes an.
November
Durch die Berichterstattung der Berliner Woche sorgte der Te-Damm-Taler als neue, temporäre Kiezwährung am Ausgabetag für eine lange Warteschlange vor dem Rathaus Tempelhof. In kürzester Zeit war fast die gesamte 1000-Stück-Auflage vergriffen. Der Taler wird bis zum 31. März 2014 von diversen Einzelhandelsgeschäften und Restaurants am Tempelhofer Damm und den Seitenstraßen als reguläres Zahlungsmittel akzeptiert.
Dezember
Überraschung: Ein Drittel der Kleingärten an der Säntisstraße ist gerettet. 78 Parzellen bleiben für die nächsten 25 Jahre gesichert. Der Bezirk freut sich über das Entgegenkommen des Investors, der auf einem weiteren Drittel der Fläche sein Logistikzentrum bauen will. Das letzte Drittel wird mit nicht wesentlich störendem Gewerbe bebaut. "Das ist ein guter Kompromiss", so Frank Behrend, Vorsitzender des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Lichtenrade.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.