Erinnerung an eine Rebellin
Gedenktafel für Tony Sender enthüllt
Die Senatsverwaltung für Kultur und Europa erinnert mit einer weiteren Berliner Gedenktafel an die Politikerin und Journalistin Tony Sender (1888-1964). Am 31. Oktober wurde die Tafel in der Wittelsbacher Straße von Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert enthüllt.
Tony Sender war von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete der USPD und SPD. Sie gilt als eine der bekanntesten Politikerinnen der Weimarer Republik. Geboren am 29. November 1888 in eine bürgerlich-orthodoxe Familie in Wiesbaden, verließ Tony Sender ihre Familie schon als Jugendliche. Sie wollte in Frankfurt einen Beruf erlernen und als Frau unabhängig leben. Sie trat der SPD bei und wurde Gewerkschaftsmitglied, nach Kriegsende engagierte sie sich in der Arbeiterrätebewegung. Ab 1919 gehörte sie als einzige Frau der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung an.
Als Mitbegründerin der USPD wurde sie 1920 in den Reichstag gewählt, nach der Wiedervereinigung der beiden sozialdemokratischen Parteien 1922 gehörte sie bis 1933 der SPD-Fraktion an. Schwerpunktmäßig befasste sie sich mit Außen- und Wirtschaftspolitik und galt als Expertin für Zoll- und Handelsfragen.
Noch vor 1933 wurde Tony Sender als Frau, gebürtige Jüdin und Antifaschistin zur Zielscheibe der Nationalsozialisten. Sie wurde bedroht und beschimpft. Um die drohende nationalsozialistische Machtübernahme zu verhindern, plädierte sie 1932 für einen reichsweiten Generalstreik.
Nach 1933 war sie zur Flucht gezwungen und ging zunächst in die Tschechoslowakische Republik. Später schloss sie sich in Antwerpen dem Widerstand gegen das NS-Regime an. Letztendlich emigrierte sie in die USA und wurde hier 1943 eingebürgert. Tony Sender war auch in den USA weiterhin politisch tätig, arbeitete als Journalistin und engagierte sich in jüdischen Hilfsorganisationen. Ab 1944 arbeitete sie als Wirtschaftsexpertin für die Vereinten Nationen, setzte sich für die UN-Kommissionen für Menschenrechte und die Rechtsstellung der Frau ein. In ihrer Autobiografie beschrieb sie sich selbst als „deutsche Rebellin“. Tony Sender starb am 26. Juni 1964 in New York.
Bei der Enthüllung der Gedenktafel in der Wittelsbacher Straße 34 waren neben Staatssekretär Torsten Wöhlert auch die Historikerin Christl Wickert sowie Georg Friedrichs, Vorstandsvorsitzender der Gasag AG, anwesend. Die Gasag hat als Hauptsponsor des Berliner Gedenktafelprogramms die Tafel für Tony Sender finanziert.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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