Wenn die Lust an der Liebe im Alter abnimmt
Jochen Wagner hat eine Gesprächsgruppe „SEX&60+ – Altern mit Genuss“ gegründet

Jochen Wagner bereitet das erste Treffen der Gesprächsgruppe „Sex&60+“ vor.  | Foto: Ulrike Martin
  • Jochen Wagner bereitet das erste Treffen der Gesprächsgruppe „Sex&60+“ vor.
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Es passiert oft genug: Die Lust auf Liebe nimmt im Alter ab. Was tun, wenn es mit dem Sex nicht mehr klappt? Jochen Wagner hat sich an ein schwieriges Thema herangewagt und eine Gesprächsgruppe „SEX&60+ – Altern mit Genuss“ gegründet.

„Altersbedingte Veränderungen sind für ein erfülltes Sexualleben nicht gerade förderlich. Leider wird im sozialen Umfeld fast nie darüber gesprochen, das ist aber falsch“, sagt Wagner. Er hat selbst die Erfahrung gemacht, dass es mit dem Sex nicht mehr so einfach ist, wenn man älter wird. „Glücklicherweise habe ich meine Probleme lösen können, deshalb möchte ich anderen die Gelegenheit geben, ihre Erfahrungen mitzuteilen und sich auszutauschen.“

Die Idee, etwas zu tun, hatte er schon länger. Zum Jahreswechsel kam dann der Entschluss. Ein wichtiger Grund: „Ich habe im Netz nach ähnlichen Angeboten gesucht und wurde nirgends fündig.“ Bei der Nachbarschaftsplattform nebenan.de hat er dann eine geschlossene Gruppe gegründet – geschlossen nicht nur wegen des heiklen Themas, sondern auch um den Datenschutz zu gewährleisten.

Offenheit, Toleranz und Respekt

Die Gruppe zu leiten traut sich der 72-Jährige zu. Seine Frau Rosemarie Drenhaus-Wagner hat vor 25 Jahren die Alzheimer-Angehörigen-Initiative gegründet, bei der mit arbeitet. „Daher habe ich Erfahrungen mit Gesprächsgruppen, mit der Organisation und Konzeption der Inhalte.“

Unter SEXund60plus.de sind die Vorbereitungen zum ersten Gruppentreffen aufgelistet, unter anderem ein Codex zum Verhalten untereinander. Dabei seien Offenheit, Toleranz, Respekt und Empathie unerlässlich. Formale Dinge sollen geklärt und Ideen gesammelt werden. Zu überlegen sei auch, ob sich Singles und Nichtsingles in einer gemeinsamen Gruppe zusammen treffen sollten, da könne es durchaus unterschiedliche Bedürfnisse geben. „Als Moderator der Gruppe muss ich zunächst herausfinden, welche Erwartungshaltung die Teilnehmer haben. Mein Konzept ist, auf die Gruppe zu hören“, sagt Wagner. Zudem müssten mögliche Missverständnisse angesprochen werden – es handele sich zwar um eine Selbsthilfegruppe, aber weder gehe es um Therapien noch um eine Werbeplattform für alle möglichen Dienstleistungen oder um ein Forum zur Partnersuche.

Nach dem Erstellen der Webpräsenz gab es gleich erste Reaktionen – nicht immer vom Feinsten. „Jetzt reicht‘s aber mal, du perverse Sau“, war einer der unflätigsten, inzwischen gelöschten Kommentare.“ Aber der Gegenwind kam schnell. „Deine Wortwahl ist entwürdigend und steht in keiner Relation zu Jochens Beitrag“, war eine der positiven Reaktionen, die die Anzahl der Pöbeleien bei Weitem übertrafen.

Was Wagner besonders gefreut hat, war die Meldung über zwei Paare, die sich mit über 80 Jahren im Seniorenheim kennen und lieben lernten. „Sexualität scheint auch im höherem Alter eine Rolle zu spielen“, hieß es in diesem Beitrag.

Da kann Wagner nur zustimmen. „Alterssex ist keine Schmuddelsache, er gehört ins öffentliche Bewusstsein“, sagt er. Eine erfüllte Sexualität gebe Lebensfreude, stärke die soziale Bindung zum Partner und sei für die Gesundheit wichtig. „Es wäre gut, wenn Ärzte ihre älteren Patienten auf das Nachlassen der Libido ansprechen würden“, wünscht er sich.

Das erste Treffen beginnt am Montag, 17. Februar, um 10 Uhr in der Villa Mittelhof, Königstraße 42-43. Die weiteren Termine sind alle zwei Wochen vorgesehen, das nächste am 3. März. Die Kosten für die Raummiete betragen 1,50 Euro pro Teilnehmer. Wer dabei sein will, kann sich per E-Mail an info@SEXund60plus.de anmelden.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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