Ludwig Schnapauff schrieb das erste lokalhistorische Buch für Kinder
Zehlendorf. Kindgerechte Bücher zur Regionalgeschichte waren in den 1950er-Jahren noch kein Thema. In Zehlendorf gab es jedoch einen Lehrer, der sich darüber Gedanken machte: Ludwig Ernst Gotthard Schnapauff. Er schrieb „Zehlendorf – Der grüne Bezirk“ – anschaulich, lebendig, leicht verständlich. Das Buch erschien 1957.
Die Erinnerung an Schnapauff lebt weiter und erfährt alle paar Jahre einen Höhepunkt, wenn die Schnapauffs, deren Stammbaum bis 1612 zurückreicht, wieder einmal ein Riesen-Familienfest feiern, wie vor wenigen Tagen. 120 von über 200 Angehörigen aus aller Welt, darunter Neuseeland, Frankreich und Schweden trafen sich. „2011 war mein Vater noch dabei, jetzt leider nicht mehr“, bedauert Tochter Angelika Hiller. „Er starb als letzter von 13 Geschwistern im vergangenen Jahr mit 91 Jahren.“
Ludwig Schnapauff, geboren 1925 in Rostock, zog als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Zehlendorf, in die Johannesstraße 12. Er besuchte die Südschule und das Zehlendorfer Gymnasium, das heutige Schadow-Gymnasium. Nach seiner Zeit als Marinesoldat studierte er an der Pädagogischen Hochschule das Fach Erdkunde.
Ludwig wohnte mit seiner Frau Hildegard und deren Mutter ab 1948 in der Johannesstraße 5 – er blieb der Straße und Zehlendorf treu. 1949 kam Tochter Angelika zur Welt, 1954 ihr Bruder Christian. Ab 1952 unterrichtete Ludwig an der Conradschule in Wannsee. „Seine freundliche Art, gekoppelt mit Respekt vor seinen Schülern und wohlwollender Strenge machten ihn beliebt“, weiß Angelika aus Erzählungen. Dass die Schüler ihn mochten – davon zeugt sein Spitzname "Schnappi". Weitere Stationen seiner Laufbahn: Rektor an der Mühlenau-Grundschule (1967-1973) und Direktor im Schulpraktischen Seminar von Zehlendorf (1973-1987).
Die Tätigkeit als Lehrer und Pädagoge wurde für Ludwig schnell zu einer Berufung, hinzu kam seine Liebe zur lokalen Geschichte. Die Anfänge von „Zehlendorf – Der grüne Bezirk“ entstanden bereits während seiner Studienzeit. Der Band erschien in der Reihe Heimathefte Berlin des Kulturbuchverlags und wurde schnell zur Pflichtlektüre im Heimat- und Sachkundeunterricht der 3. und 4. Klassen an den Zehlendorfer Schulen.
Mit drei Wanderungen durch den grünen Bezirk startet das Buch. Die Kapitel erzählen davon, „Wie die neuen Siedler in Cedelendorp lebten“, was „Johannes Kunckel auf der Kanincheninsel“ in seinem Labor erfand, wie „Die erste Zehlendorfer Schule“ aussah oder wie das „Das Jagdschloß im grünen Wald“ entstand.
Die Stärke des Buches: Statt trockene historische Fakten und Daten aufzulisten, hat Schnapauff die Ereignisse in kleine Geschichten verpackt und viel wörtliche Rede verwendet. So in „Die Raupen des Herrn Tubenthal“, der sich im Auftrag Friedrich II. um die Seidenraupenzucht auf dem Hof der Alten Dorfkirche kümmerte. Erzählt wird von Kindern, die sich vor den dicken weißen Raupen ekeln, aber darüber staunen, wie diese Raupen kleine Bällchen hauchdünner Fäden produzieren, die dann in der Fabrik zu edler Seide werden.
"Das Buch kommt noch heute gut bei Kindern an“, erzählt Angelika Hiller. Erst kürzlich habe sie daraus vorgelesen. Verlegt wird das Werk allerdings seit Jahren nicht mehr, es ist vergriffen. Ein einziges Exemplar gibt es im Heimatmuseum Zehlendorf in der Clayallee 355. „Wer will, kann es sich bei uns ansehen, jedoch nicht ausleihen“, sagt Klaus-Peter Laschinsky. Er kannte Ludwig Schnapauff zwar nicht, aber dessen Werk: „Es liest sich sehr flott.“ Schnapauff sei eine bekannte Zehlendorfer Persönlichkeit gewesen und war auch Mitglied im Heimatverein. Laschinsky verfasste den Nachruf, der in den Zehlendorfer Heimatbriefen erschien.
Tochter Angelika hat die Mitgliedschaft übernommen. Genau wie ihr Vater, den sie geliebt und bewundert hat, wurde sie Lehrerin. „Er war immer ein Vorbild für mich.“ Die beiden haben sogar zusammen gearbeitet, verfassten ein „Arbeitsheft über Berlin“ für den Sachkundeunterricht.
Ludwig Schnapauff starb am 28. September 2016, am 12. Oktober wurde er auf dem Friedhof an der Onkel-Tom-Straße beigesetzt. uma
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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