Illegaler Handel, NS-Vergangenheit und vier Morde
Rainer Grebe hat mit „Das Gold der Ruinen“ seinen ersten Kriminalroman veröffentlicht

Nach dem ersten Mordfall mit Oberkommissar Kramer wird es weitere geben. Rainer Grebe plant eine Trilogie. | Foto: Ulrike Martin
  • Nach dem ersten Mordfall mit Oberkommissar Kramer wird es weitere geben. Rainer Grebe plant eine Trilogie.
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„Gelesen habe ich immer gerne, aber nie geschrieben, das kam in meiner Biographie nicht vor“, sagt Rainer Grebe. So war es bis vor wenigen Jahren. Seit 2016 aber hat sich einiges verändert. Damals brachte der Zehlendorfer sein erstes Buch heraus.

„Weil ich meinen beiden Töchtern etwas hinterlassen wollte, habe ich dann doch mit dem Schreiben angefangen“, berichtet Grebe. „Dabei habe ich gemerkt, dass damit auch eigene Erlebnisse bewältigt werden können.“ „Grenzgänger“ heißt der Band mit Kurzgeschichten. Sie gehen zurück auf die Jugend des 1941 geborenen Autors, der in der Nachkriegszeit mit seinen Eltern in Ostberlin lebte, und auf das für ihn fast traumatische Geschehen, als sein Freund 1961 von Grenzsoldaten an der Berliner Mauer erschossen wurde. 

Bereits 2017 lag dann Grebes erster Roman vor. „In Lebensabschnitte – Nichts ist zu Ende“ geht es um Max, der mit mal mehr, mal weniger Erfolg sein Leben im Berlin des Kalten Krieges meistert, autobiographische Bezüge inklusive.

Nach diesen beiden Büchern hat sich der Autor auf neues Terrain gewagt und 2018 seinen ersten Kriminalroman geschrieben. Er spielt 1960 in Berlin. Noch überall gibt es in der Stadt Ruinen, die nicht nur wertvolles Buntmetall bergen, mit dem ein schwunghafter, illegaler Handel getrieben wird. Eines Tages tauchen brisante Dokumente aus der Nazi-Zeit auf. In diesem Zusammenhang geschehen vier Morde, die der Protagonist, Oberkommissar Karl Kramer, aufklären muss. Die Ermittlungen führen ihn tief in die Vergangenheit zurück. Zum Vorschein kommen üble Machenschaften, die 1937 das Schicksal einer jüdischen Familie besiegelten und bis in die Gegenwart der Handlung reichen.

„Am Anfang hatte ich Scheu davor, einen Krimi zu schreiben, es gibt ja schon so viele“, berichtet Grebe. Vor allem Volker Kutscher und Horst Bosetzky mit ihren historischen Berlin-Krimis sind seine Vorbilder. „Mich fasziniert, wie sie Zeitgeschichte und Lokalkolorit verknüpfen. Und dann hatte ich den Wunsch, die Zeitgeschichte, die ich selbst erlebt habe, mit einem Kriminalroman zu verbinden."

Für „Das Gold der Ruinen – Oberkommissar Kramers erster Fall“ hat Grebe sorgfältig recherchiert. Dabei stellten sich die Nachforschungen aufwendiger dar als vermutet. „Ich merkte, dass ich doch nur wenig wusste, bin also ins Polizeimuseum, zum Innensenat, musste zum Beispiel herausfinden, wo in den Bezirken damals die Polizeireviere waren.“ Auch über den Handel mit Kupfer, Messing und Blei aus den Abbruchhäusern hat sich Grebe ausführlich informiert. „Damals gab es den Spruch ,Mit Schrott lebst du flott‘“.

Die Recherche habe sehr viel Spaß gemacht. Und sie war offenbar sorgfältig. „Ein Freund, der historisch gut unterwegs ist, hat nichts gefunden, was nicht stimmte“, erzählt Grebe.

Auch an Lokalkolorit fehlt es nicht. Es geht in eine Laubenkolonie in Rixdorf, in feine Wohnlagen am Schlachtensee und in Dahlem, ins damalige Polizeirevier in der Kreuzberger Friesenstraße, ins Rotlichtmilieu in Schöneberg und zu Geschäftsadressen in bester Charlottenburger Lage.

Die politische Lage anfangs der 1960er-Jahre spielt im Buch eine wichtige Rolle. Diese Zeit bezeichnet Grebe als eine Phase, die ihn selbst politisiert habe. „Schon als Jugendlicher hat es mich gestört, dass alte NS-Größen in der neuen Bundesrepublik wieder wichtige Positionen besetzten.“

Wie der Untertitel des Buches schon vermuten lässt, bleibt es nicht beim „ersten Mordfall“, eine Trilogie ist das Ziel. Der zweite Band „Tödliches Schweigen“ ist fertig, muss nur noch gedruckt werden. „Es geht darin um Kindesmissbrauch Mitte der 1960er-Jahre“, erklärt der Autor. Im dritten Buch soll die Studentenbewegung im Fokus stehen.

Schreiben ist für Rainer Grebe inzwischen zu einer Passion geworden. „Als ich mein erstes Buch in den Händen hielt, war das ein Schlüsselerlebnis“, erzählt er. Was wichtig sei: „Man muss seine Charaktere mögen, dann fangen sie an zu leben.“

In „Das Gold der Ruinen“ leben die Charaktere, sie wirken authentisch. Die Geschichte ist spannend, und der Leser erfährt zudem noch einiges über die Zeit, in der sie spielt. Einziges Manko: Das Lektorat des Verlags hat nicht sorgfältig gearbeitet.

Rainer Grebe, Das Gold der Ruinen, ISBN-13: 9783962002367, Bestellnummer: 9423172, 12,90 Euro

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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