Zum Schlichter statt zum Anwalt
Schiedsmann Malte Priesmeyer vermittelt bei Streitigkeiten

Malte Priesmeyer bei der Arbeit im heimischen Garten. | Foto:  Schilp
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Wenn Privatleute in Streit geraten und sich die Fronten verhärten, kann der Weg zur Schiedsperson helfen. Sie bringt beide Parteien an einen Tisch und meistens wird eine Lösung gefunden. Malte Priesmeyer ist einer der vier ehrenamtlichen Neuköllner Schlichter – und er wünscht sich mehr Klienten.

Die Klassiker seien Nachbarschaftslärm, Grundstücksstreitigkeiten oder kleine Strafrechtsdelikte wie Sachbeschädigung, so Priesmeyer. Wendet sich jemand an ihn, schaut er erst einmal nach der Postleitzahl der Gegenpartei. Denn danach richtet sich die Zuständigkeit der Schiedsleute. Priesmeyer beispielsweise ist für Britz sowie Teile von Buckow, Rudow und der Gropiusstadt verantwortlich.

Fällt die Angelegenheit in seinen Bereich, folgt ein Gespräch mit dem „Kläger“, danach wird der Gegner geladen, um seine Sicht zu schildern. Jeder darf übrigens eine Begleitung mitbringen. Danach setzt sich Priesmeyer mit den Streitenden zusammen, um gemeinsam eine Lösung zu finden, die dann schriftlich festgehalten wird. Das Verfahren hat zwei große Vorteile: Es geht schnell und ist für „für ’n Appel und ’n Ei“ zu haben, so Priesmeyer. 50 Euro Vorschuss verlangt er vom Antragsteller, für das Verfahren selbst und für eventuelle Druck- oder Benzinkosten. Meist gebe es zum Schluss sogar Geld zurück. „Ein Rechtsanwalt verlangt allein für die Erstberatung 192 Euro“, sagt er. Die Angelegenheit ist im Schnitt in zwei bis drei Wochen erledigt. „Die Mindestdauer beträgt acht Tage, das habe ich auch schon hinbekommen“, so der Schiedsmann. Bemerkenswert ist, dass die so geschlossenen Vergleiche 30 Jahre lang gültig sind und die Wirkung eines Gerichtsurteils haben. Das bedeutet: Verstößt einer gegen die Vereinbarung, muss der andere nicht klagen, sondern kann sofort den Gerichtsvollzieher losschicken.

Zugenommen hätten Streitigkeiten in Mietverhältnissen, so Malte Priesmeyer. Dieses Thema interessiert ihn sehr. Vermieter nähmen sich angesichts der Wohnungsknappheit häufiger Dreistigkeiten heraus. Andererseits duckten sich Mieter eher weg – aus Angst vor Kündigung. Er erzählt von der ungerechtfertigten Einführung neuer Nebenkosten, doppeltem Kassieren für Rauchmelder oder vom Hauseigentümer, der ungefragt den Keller eines Mieters leerräumen ließ. Werkbank, Fahrrad und anderes wollte die beauftragte Firma nicht mehr herausrücken. „Hausfriedensbruch, Diebstahl, der Mieter bekam eine Entschädigung“, fasst Priesmeyer das Ergebnis der Schlichtung zusammen. Er vermittelt auch, wenn es sich beim Vermieter nicht um eine Privatperson, sondern um eine Wohnungsgesellschaft handelt.

Hauptberuflich arbeitet Malte Priesmeyer im öffentlichen Dienst, früher hat er ein paar Semester Jura studiert. Das Interesse an rechtlichen Fragen war also schon immer da, dementsprechend Spaß macht ihm seine ehrenamtliche Aufgabe. Er bedauert allerdings, dass das Angebot der Schiedsleute in der Stadt wenig bekannt ist und selten genutzt wird, anders als in vielen ländlichen Gegenden, wo der Weg zum nächsten Gericht weit ist. Priesmeyer hat 2022 bisher sieben Fälle bearbeitet. Das ist im Vergleich zum Berliner Durchschnitt – drei Fälle pro Schiedsperson und Jahr – nicht schlecht. Es könnten aber noch etliche mehr sein, meint er.

Gewählt werden die Schiedsleute übrigens von den Bezirksverordneten für eine Amtszeit von fünf Jahren. Die Dienstaufsicht hat das Amtsgericht. Das Bezirksamt wiederum stattet die Streitschlichter mit Siegel und Dienstschild aus, eins ziert seit vergangenem Jahr Priesmeyers Haus an der Onkel-Herse-Straße.

Alle Neuköllner Schiedspersonen, ihre Zuständigkeiten und weitere Infos sind auf der Bezirksamtsseite unter https://bwurl.de/16xa zu finden. Malte Priesmeyer ist zu erreichen unter priesmeyer@web.de, Telefon 0178/243 96 96.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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