Zwangsarbeit in Bezirk
Für ein gemeinsames Gedenken an die Zwangsarbeit

Es ist seit Jahren bekannt, dass ich u.a. auch dafür eintrete, bzw. eingetreten bin, dass an alle der ca. 15 000 ausl. Arbeiter und Angestellte, welche während der NS-Zeit 1939 - 1945 in Wilmersdorf zum "Arbeitseinsatz" eingesetzt waren, gemeinsam erinnert wird.
Gemeinsam erinnern, weil sie alle gemeinsam fast den gleichen barbarischen "Rahmenbedingungen", völlig unabhängig von ihren Einsatzort, den Betreibern ihrer Lagers, dem NS- Ausländereinsatz-Rechts ausgeliefert waren. Das rassisch-ideologisch bedingte Sonderarbeitsrecht für polnische und sowjetische Arbeitskräfte ist dabei besonders zu beachten. 
Die damaligen Bezirksämter waren maßgeblich an der Organisation und Durchführung der Rahmenbedingungen für die Zwangsarbeit beteiligt. Fast jedes Lager wurde mit ihren "Verwaltunghandeln" errichtet und betrieben. Sie stellten Grundstücke zur Verfügung - selbstverständlich sicherten sie sich dadurch auch eine lukrative Einnahme -, sorgten für die Bereitstellung von notwendigen Baumaterialien und erteilten die notwendigen Baugenehmigungen. Durch die Kriegsverwaltungsordnung der Reichshauptstadt Berlin waren die Bezirksämter für die 14tägliche Bereitstellung der Lebensmittelrationen für alle ausl. Arbeiter und Angestellte im Bezirk (Lagerverpflegung) verantwortlich, sie sicherten die medizinische Versorgung ab und waren als Ortspolizeibehörde für die Registrierung und Überwachung der ausl. Arbeitskräfte verantwortlich.
Zusammengefaßt:
Ohne die aktive Zuarbeit der Bezirksämter hätte das verbrecherische Zwangsarbeit-System nicht so lange funktionieren können wie es funktioniert hat. 

Es ist daher zu begrüßen, dass die BVV die Vorstellungen zu einem solchen gemeinsamen Gedenken aufgegriffen, sowie darauf hingewiesen hat, dass die Verantwortlichkeit des damaligen Bezirksamt Wilmersdorf für alle Lager und für alle Zwangsarbeiter klar benannt werden müssen. Kein Lager - völlig unabhängig wer der Betreiber war - (selbstverständlich das in seiner Trägerschaft umstrittene "Städtische Lager am Standort Wilhelmsaue 40 mit inbegriffen), kein Zwangsarbeiter soll dabei vergessen sein und genannt werden. 
Es freut mich, dass meine Anregung, hierfür das Gebäude des ehemaligen Lagers der Firma" Weserflug" in der Wallenbergstraße als Standort für das Gedenken angenommen wurde. 
Eine Anregung:
Wir sollten gemeinsam, d.h. Bürger, Bezirksamt, Bezirksverordnetenversammlung, sowie unsere Heimatvereine Überlegungen darüber angehen, wie wir der vielen jüdischen Bürger gedenken, welche nach der "Reichskristallnacht" 09.11.1938 zur Zwangsarbeit für die Bezirksämter Charlottenburg und Wilmersdorf eingesetzt waren, gedenken könnten. 
Zum Abschluss ein Zitat von Fabian Lemmes, was den jetzigen Forschungsstand, aber auch die noch bevorstehende Arbeit zur Erforschung der Zwangsarbeit in Charlottenburg und Wilmersdorf treffend charakterisiert:
"... Die lokale Überlieferung ist vielfach schlecht, weshalb viele Lokalstudien auf einer dünnen bis sehr dünnen Quellenbasis beruhen. Das zeitweise sehr große öffentliche Interesse, der allgemeine Boom der Zwangsarbeiter-Forschung und die Bedeutung des Themas für die lokale Bildungs- und Erinnerungsarbeit (bisweilen sicher auch das Bedürfnis nach Legitimation und Profilierung) hatte zur Folge, dass Lokalstudien auch zu Städten und Gemeinden verfasst wurden, für die die Quellenlage an sich keine eigenständige Untersuchung hergibt. Das ist nachvollziehbar und gesellschaftspolitisch durchaus zu begrüßen, der Erkenntniswert solcher Mikrostudien für die allgemeine Zwangsarbeiter-Forschung ist aber oft äußerst gering. Das ist insbesondere denn der Fall, wenn die Lücken der lokalen Überlieferung so groß sind, dass sich in der Darstellung das Verhältnis von Kontext und konkreter Fallstudie umkehrt, weite Teile der Publikation somit eine Zusammenfassung der allgemeinen Literatur darstellen, während Verweise auf die spezifischen lokalen Verhältnisse nur akzessorisch eingestreut werden, wo immer sich eine Quelle finden lässt." 
(Fabian Lemmes:" Ausländereinsatz" und Zwangsarbeit im Ersten und Zweiten Weltkrieg: neuere Forschungen und Ansätze. in: Archiv für Sozialgeschichte. Bd. 50. Bonn, 2010, S. 411.)

Autor:

Stefan Knobloch aus Charlottenburg

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