"Spezialschön" handelt mit Sammlerstücken und Schätzen

Ein Schaufenster zum Stehenbleiben: "Spezialschön" in der Nehringstraße 34. | Foto: Schubert
  • Ein Schaufenster zum Stehenbleiben: "Spezialschön" in der Nehringstraße 34.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Charlottenburg. Serie "Unser Kiez", Teil 3: Wer Jessica Dietz in ihrem neuen Laden besucht, bewegt sich durch eine Welt von ausgesuchten Einzelstücken. In der nicht eben langweiligen Geschäftslandschaft rund um den Klausenerplatz gilt "Spezialschön" als Überraschung. Fast jeder Nachbar sagte hier zur Eröffnung guten Tag. Zahlt sich der Hinguck-Effekt aus?

Das Schaufenster wischen, das macht sie auch noch selbst. Und wenn Jessica Dietz abends mit einem Tuch über die Nasenabdrücke fährt, kann sie ablesen, was denn heute das größte Interesse weckte. Waren es Lampen im Art-Déco-Stil? Ein Service aus Zeiten, als man noch sonntags bei Großmutter zu Mittag aß? Die Miniatur-Lokomotiven, die sie von einem früheren Borsig-Mitarbeiter erstand?

Das Auswerten von Schaufensterflecken, diese altmodische Art der Marktforschung, ist nicht das einzige, womit sich "Spezialschön" der Neuzeit verweigert. "Ich will Alternativen aufzeigen", sagt die 34-jährige Lichtdesignerin und Ingenieurin. Billig produzierten Möbeln stellt sie die bleibenden Werte von Antiquitäten entgegen. "Heutzutage würde solche Dinge niemand mehr herstellen. Es wäre nicht wirtschaftlich."

Also setzt die Idealistin das Einzelstück gegen die Macht der Massenprodukte, das Ausgefallene gegen die Verödung des Geschmacks. Aber ob sich das rechnet? Diese Frage zu klären, wird ein kleiner Luxus sein. Den durchschlagenden Erfolg in möglichst kurzer Zeit muss "Spezialschön" nicht leisten. Dietz lässt sich ihren Sachverstand als Innenarchitektin und Planerin die erste Hälfte des Tages von Auftraggebern bezahlen, so dass sie den Laden erst nachmittags aufschließen braucht. Nicht alle Geschäftsleute im Kiez könnten sich so eine Strategie leisten. Viele schwimmen von Jahr zu Jahr, eröffnen neue Geschäfte, stampfen die alten ein.

Wer wissen will, wie man in solchen Gefilden erfolgreich wirtschaftet, sollte Sinah Altmann fragen. Als Gründerin der Unternehmensnetzwerks Klausenerplatz und selbstständiger Coach kennt die Expertin Vermieter von Lokalen und kann ihr Wissen an Neulinge vermitteln.

Was es braucht, um hier Fuß zu fassen? Die klare Ausrichtung auf eine Zielgruppe mit passendem Sortiment, etwas Beharrlichkeit, so sieht es Altmann. Viele Unerfahrene mit dünnen Konzepten sah sie scheitern, würde aber lieber rechtzeitig helfen, vor dem Bankrott. "Es ist schon sehr speziell hier", sagt Altmann. "Und man kann nicht pauschal vorhersagen, was funktionieren wird und was nicht." So existiert der Kiez als kleine Welt für sich, gilt als Hochburg für die Experimentierfreudigen und Querköpfe.

Da überrascht es nicht, zu hören, dass Jessica Dietz "menschliche" Gesichtspunkte für die Standortwahl wichtiger waren als wirtschaftliche. Gleich nach der Eröffnung von "Spezialschön" in der Nehringstraße 34 musste sie einer Besucherschar erklären, dass sie hier nostalgische Produkte auswählt, sie persönlich restauriert und im Namen befreundeter Künstler deren Werke verkauft. "Ich habe noch nie in meinem Leben so viel geredet", amüsiert sich Dietz über die unersättliche Neugier. Wenn sie den Kiez "dörflich" nennt, meint sie es im liebevollen Sinne. Das Herzige und Familiäre und Bewahrende stemmt sich in ihrer Philosophie gegen die Ruppigkeit der großen Stadt. "Spezialschön"-Produkte wären Fremdkörper in den Hallen der Möbelketten. Dafür sind sie, so lautet der Slogan, "made in wonderful little Berlin."

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 247× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.006× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 658× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.149× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.034× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.