Großsiedlung An der Kappe unter Milieuschutz stellen?

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Seniorinnen und Senioren vor Verdrängung schützen - Großsiedlung An der Kappe durch Milieuschutz erhalten

Auf Antrag von Frau Marlies Vogel, Sprecherin der Bürgerinitiative An der Kappe, vom 13.02.2018 wird sich die Bezirksverordnetenversammlung Spandau am 25.04.2018 auf ihrer Generationen-BVV unter dem TOP Ö 2.3 mit dem Thema "Seniorinnen und Senioren vor Verdrängung schützen - Großsiedlung An der Kappe durch Milieuschutz erhalten" beschäftigen (https://www.berlin.de/ba-spandau/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=9311#allrisAN).

Antrag von Frau Vogel (Drucksache - 0755/XX)

"Das Bezirksamt wird beauftragt, unverzüglich den Erlass einer Satzung zum Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) mittels eines „Grobscreenings“ durch ein externes Gutachten für die Großsiedlung An der Kappe, Borkzeile, Petzoldweg, Seegefelder Straße in Berlin-Spandau mit ca. 1100 Wohneinheiten vorzubereiten. Zur Finanzierung der erforderlichen Gutachten soll auch auf Fördermittel des Landes Berlin zurückgegriffen werden.

Begründung des Antrags

Spitzenreiter bei den Mietzuwächsen in Berlin sind die einfachen, peripheren Lagen in Spandau, die im Schwerpunkt um fast 11 % auf 7,75 €/m² gestiegen sind. Das geht aus dem am 13.11.2017 veröffentlichten Immobilienpreisservice des IVD Berlin-Brandenburg hervor.

Zu diesen einfachen, peripheren Lagen gehört die Großsiedlung An der Kappe, Borkzeile, Petzoldweg, Seegefelder Straße, die im Eigentum der Deutsche Wohnen Berlin 5 GmbH steht.

Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, Zweckentfremdung, Leerstand und Luxusmodernisierungen tragen zu den teilweise drastischen Mietsteigerungen bei, unter denen Mieterinnen und Mieter sowie insbesondere Seniorinnen und Senioren zu leiden haben.

Die Auswirkungen der „Wachsenden Stadt Berlin“ sind inzwischen auch in Spandau durch eine deutliche Dynamik auf dem Wohnungsmarkt ablesbar. Durch die zu erwartende Schließung des Flughafens Tegel und aufgrund der rathausnahen Lage sowie der guten verkehrlichen Anbindung der Großsiedlung An der Kappe sind starke Impulse in der Entwicklung zu erwarten, die gerade bei den Seniorinnen und Senioren einen Gentrifizierungsprozess befürchten lassen, aber auch Anreize für eine Verbesserung der Großsiedlung bieten können.

Bei dieser Entwicklungsdynamik ist die Gefahr der Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung durch Mietsteigerungen und Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen frühzeitig mit allen verfügbaren städtebaulichen Instrumenten zu begegnen.

Daher sollten gerade im Interesse der Seniorinnen und Senioren, die oftmals nur über kleine Renten verfügen, alle verfügbaren städtebaulichen Instrumente eingesetzt werden, die für den Schutz der Gebietsbevölkerung vor sozialer Verdrängung zur Verfügung stehen (z.B. Soziale Erhaltungssatzung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB).

Für die Umsetzung des „Grobscreenings“ sind die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen. Das Bezirksamt ist angehalten, hierfür von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zweckgebundene finanzielle Mittel anzufragen.

Das Bezirksamt wird ersucht, sicherzustellen, dass die Voruntersuchung zeitnah in Auftrag gegeben wird und im Bezirksamt angemessen betreut werden kann."

Was sind eigentlich Milieuschutzgebiete?

Auf der Grundlage von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB können in definierten Gebieten durch soziale Erhaltungsverordnungen bauliche Veränderungen, Rückbau, Änderung oder Nutzungsänderungen unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Die sozialen Erhaltungsverordnungen haben zum Ziel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem Gebiet aus besonderen städtebaulichen Gründen zu erhalten und einer sozialen Verdrängung entgegenzuwirken bzw. vorzubeugen. Dabei sind soziale Erhaltungsverordnungen kein Instrument des aktiven Mieterschutzes, sondern stellen ein städtebauliches Instrument dar, um die gewachsenen Strukturen der angestammten Bevölkerung zu schützen. Der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen bedürfen in Milieuschutzgebieten einer Genehmigung. Sofern durch die Maßnahmen der Schutzzweck der Milieuschutzverordnungen betroffen ist, werden die Maßnahmen versagt. In Milieuschutzgebieten ist die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gemäß der Berliner Umwandlungsverbotsverordnung genehmigungspflichtig und nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Weitere Milieuschutz-Anträge in der BVV

Bei dem Antrag von Frau Vogel handelt es sich bereits um den 5. Antrag zum Milieuschutz, mit dem sich die BVV Spandau zu beschäftigen hat. Zunächst brachte die Linksfraktion am 20.02.2017 den Antrag "Spandaus Kieze durch Milieuschutz erhalten - Gutachten für Grobscreening in Auftrag geben" (Drucksache 0099/XX) und dann am 10.07.2017 den Antrag "Neustadt durch Milieuschutz erhalten - Gutachten für Grobscreening in Auftrag geben" (Drucksache 0362/XX) in die BVV ein. Dann folgte die SPD Spandau am 12.03.2018 mit ihren Anträgen (Drucksachen 0726/XX und 0728/XX) zur Einleitung von Voruntersuchungen für die Einrichtung von Erhaltungsgebieten in der Spandauer Neustadt und in der Wilhelmstadt. Bisher ist noch über keinen Antrag abschließend entschieden worden.

Runder Tisch Milieuschutzgebiete in Spandau

Am 18.01.2018 vereinbarten auf der 3. Kiezversammlung des AMV - Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. auf Vorschlag von Bodo Byszio (Vorstandsvorsitzender Kreisverband Spandau Bündnis90/Die Grünen) die an der Versammlung teilnehmenden Spandauer Politikerinnen und Politiker, einen parteiübergreifenden Runden Tisch zum Thema Milieuschutzgebiete in Spandau ins Leben zu rufen.

Der Runde Tisch soll im Vorfeld von Initiativen und Anträgen in der Bezirksverordnetenversammlung dazu dienen, sich dem Thema parteiübergreifend anzunähern und eine gemeinsame Linie für eine politische Umsetzung in der BVV zu entwickeln. Hiermit soll versucht werden, das wichtige Thema “Milieuschutz” vor einer parteipolitischen Auseinandersetzung in der BVV zu bewahren, bevor die Grundlagen, Möglichkeiten und Perspektiven erörtert wurden.

Am 14.03.2018 fand das erste Treffen des parteiübergreifenden Runden Tisches zum Thema Milieuschutzgebiete in Spandau statt. Die Auftaktveranstaltung war mit 25 Teilnehmern, darunter zahlreichen Akteuren aus Spandauer Mieterinitiativen und der Quartiermanagements, den Bezirksstadträten für Bauen, Planen und Gesundheit Frank Bewig (CDU) und für Bürgerdienste, Ordnung und Jugend Stephan Machulik (SPD), Vertretern der Bezirksverordnetenversammlung Spandau, des Berliner Abgeordnetenhauses und des Bundestagsabgeordneten Kai Wegner (CDU) sehr gut besucht. In einer offen und respektvoll geführten Diskussion wurden viele Argumente für und gegen Milieuschutzgebiete ausgetauscht und Stärken und Schwächen der Maßnahme beleuchtet. Am Ende war sich die große Mehrzahl der Beteiligten einig, dass Milieuschutzgebiete kein Allheilmittel sind, aber in gefährdeten Gebieten durchaus sinnvoll sein können.

Der zweite parteiübergreifende Runde Tisch findet am 25.04.2018 um 19:00 Uhr im Stadtteilladen Wilhelmstadt (ehemalige Post) in der Adamstraße 39 statt.

Autor:

Marcel Eupen aus Falkenhagener Feld

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