Wie ein riesiger Schwamm
Mehr als ein Drittel ihres Trinkwassers gewinnt die Hauptstadt aus ihren Wäldern – mit steigender Tendenz
Berlin ist mit seinen riesigen Wäldern eine grüne Stadt und kann sich im Gegensatz zu vielen anderen Metropolen komplett mit eigenem Grundwasser versorgen.
„Wenn die Berliner ihren Wasserhahn aufdrehen, dann fließt Wasser aus den Berliner Wäldern in ihr Waschbecken“, sagt Peter Harbauer von den Berliner Forsten. Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) gewinnen mehr als ein Drittel des Trinkwassers aus den Stadtwäldern. „So viel Wald zu haben ist ein Glück, wir müssen das Wasser nicht über Fernleitungen in die Stadt pumpen“, sagt auch BWB-Sprecher Stephan Natz. Hamburg zum Beispiel holt Trinkwasser über Fernleitungen aus der Lüneburger Heide. Viele der rund 650 Tiefbrunnen der Wasserbetriebe befinden sich im Wald beziehungsweise sind von Wald umgeben. Etwa zwei Drittel des Trinkwassers werden über die sogenannte Uferfiltration an Spree und Havel gewonnen. Dabei erzeugen die bis zu 140 Meter tiefen Brunnen einen Sog, so dass das Flusswasser nach unten quasi abgesaugt und dabei vorher durch die Bodenschichten gereinigt wird.
Das Trinkwasser, das die Wasserbetriebe aus dem Grundwasser unter den Wäldern pumpen, „ist von besonders hoher Qualität“, sagt Natz. Dort gibt es kaum Schadstoffe. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Belastung der Oberflächengewässer wächst die Bedeutung der Stadtwälder als Lieferanten von unbelastetem Grundwasser. Peter Harbauer spricht von „Trinkwasserwäldern“, die wichtig für die „Daseinsvorsorge der Metropole“ sind. Die Sicherung der Qualität sei daher eine zentrale Aufgabe der Berliner Forsten und eng mit der Entwicklung und Bewirtschaftung der Wälder verbunden.
Der Waldboden ist ein riesiger Wasserspeicher. Wie ein Schwamm saugt er das Regenwasser auf. Auf verdichteten Freiflächen oder Feldern hingegen haben die Niederschläge kaum eine Chance, in die Grundwasserschichten zu sickern, weil sie abfließen und verdunsten. Im Wald „verschwindet“ das Wasser im Boden. Ein Quadratmeter Waldboden kann bis zu 200 Liter Wasser aufnehmen. Die obere humusreiche Erdschicht ist dabei wie ein Speicher: Das Regenwasser fließt in die Hohlräume der lockeren Erdschicht – in kleine Poren, Ritzen, größere Spalten und zwischen die Wurzeln. So bleibt der Waldboden feucht und kann auch nach längerer Trockenzeit Pflanzen, Bäche und Teiche mit Wasser versorgen.
Die Qualität des Sickerwassers hängt maßgeblich von der Waldart ab. Laubbäume sind da besonders wichtig. Unter ihnen versickert mehr Niederschlag als unter Nadelbäumen. Fast die Hälfte des Regenwassers eines Jahres geben Laubwälder an das Grundwasser ab. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Laubbäume im Winterhalbjahr kein Laub tragen und das Wasser fast ungehindert den Boden erreicht.
Sauerstoffreich und sauber
12,5 Millionen Kubikmeter Wasser laufen jährlich gefiltert und gereinigt durch die Wälder ins Grundwasser. „Da die Berliner Forsten jährlich rund 450.000 neue Laubbäume pflanzen und so den Laubbaumanteil in den kommenden 30 Jahren von 35 Prozent auf 60 Prozent steigern werden, könnten es dann schon 18 Millionen Kubikmeter sein“, erklärt Harbauer. Im Wald versickertes und durch den Boden gefiltertes Wasser ist sauerstoffreich, sauber und als Trinkwasser hervorragend geeignet. Deshalb verzichten die Berliner Forsten auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Auch Kahlschläge oder großflächige Maschineneinsätze, die den Boden verdichten, sind tabu. Informationen und Erklärungen zum Wasserkreislauf und zur Trinkwassergewinnung gibt es auf www.bwb.de/wasserkreislauf.
In einer Serie beschäftigen sich Berliner Woche und Spandauer Volksblatt mit dem Thema Wald. Alle Artikel lesen Sie im Internet auf www.berliner-woche.de/rettet-den-wald-2021.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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