Auf, neben und hinter der Bühne: Das Kriminaltheater und seine Akteure

Das Schauspielerquartett: Mario Krüger, Susanne Meyer, Jean Maesér und Claudia Rippe. | Foto: Thomas Frey
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Bei einer Theateraufführung stehen die Schauspieler im Mittelpunkt. Sie agieren aber nicht allein. Knapp 20 Personen sind im Berliner Kriminaltheater an der aktuellen Inszenierung "Die Vögel" beteiligt. Alle haben wichtige Rollen. Auch ohne Bühnenauftritt.

Viel Vergnügen. Hans-Jürgen Jurczyk ist eine Art Mann für vieles. Sein Arbeitsplatz ist zunächst die Garderobe, wo er zusammen mit Leo Zappitelli Mäntel oder Taschen entgegen nimmt. Später findet er sich als Unterstützung für Linda Kulenisch beim Einlass ein. Karten abreißen, auf die Plätze hinweisen, "viel Vergnügen" wünschen. Der 74-Jährige macht das seit vielen Jahren. Die Kollegin und der Kollege sind dagegen erst seit relativ kurzer Zeit dabei. Alle loben die familiäre Atmosphäre. Probleme während des Betriebs? Gebe es keine. Naja, manchmal bleibe ein Mantel zurück.

Spot an! Bei Licht- und Tontechniker Marcel Blüthgen sind Pannen ebenfalls nicht vorgesehen. Sie kommen aber bisweilen vor. Bei einer Aufführung des Stücks "Außer Kontrolle" geriet eine Tür genau das und klemmte, erzählt der 32-Jährige. "Wir haben kurz unterbrochen und den Schaden repariert." Den Mittelpunkt an seinem Arbeitsplatz auf der Empore markiert ein Mischpult. Auch bei den "Vögeln" ist sein optischer und akustischer Einsatz mehrfach gefragt. Nicht immer einfach, aber auch keine totale Herausforderung.

Er ist seit sechs Jahren hier, war davor unter anderem an der Volksbühne und den Uckermärkischen Bühnen in Schwedt. Mit beiden sei das Haus an der Palisadenstraße nicht zu vergleichen, meint Marcel Blüthgen. Es steht wohl auch im übertragenen Sinn irgendwo dazwischen.

Der Impresario. Das Kriminaltheater ist vor allem das Baby von Wolfgang Rumpf. Mit seinem Kompagnon und Chefdramaturgen Wolfgang Seppelt hat er die Bühne 2000 gegründet. Seit 2003 befindet sie sich im ehemaligen Umspannwerk Ost in Friedrichshain.

Wolfgang Rumpf ist nicht nur Intendant, sondern als Regisseur auch für zahlreiche Erfolgsstücke verantwortlich. "Die Vögel" hat er ebenfalls inszeniert. Klar, dass viele Besucher an den bekannten Film von Alfred Hitchcock denken, ist ihm bewusst. Auch dass manche vielleicht irritiert seien, weil er einige andere Akzente setzt. Beiden gleich ist die Ausgangslage. Es geht nicht um die klassische Krimianordnung.

Blut muss fließen. Jean Maesér sitzt in der Künstlergarderobe und richtet ein Blutbad an. Dazu benutzt er rote Farbe. Maesér ist einer der vier Schauspieler. Er hat die männliche Hauptrolle. Weil die Maskenbildnerin an diesem Tag auf Gastspielreise ist, muss er sich selbst schminken. Gleich bei seinem ersten Auftritt mimt Maesér einen Schwerverletzten, deshalb der viele Blutersatz an seinem Kopf.

Der Schauspieler hat bereits in vielen Bühnen-, Film- und Fernsehproduktionen mitgespielt. Am Kriminalteater ist er zum ersten Mal. Ebenso wie Kollegin Claudia Rippe. "Wolfgang Rumpf hat eine andere Aufführung mit mir angeschaut." Und sei davon anscheinend nicht abgeschreckt gewesen.

Neben diesem Duo agieren mit Susanne Meyer und Mario Krüger zwei schon bekannte Ensemblemitglieder. Susanne Meyer ist auch in "Tod auf dem Nil" und "Ein Mord wird angekündigt" zu sehen. Mario Krüger spielt unter anderem in "Der Name der Rose" und "Der Zinker".

Stamm- und andere Gäste. Wenn die Zuschauer in den Saal strömen, hat Jakub Osiewalski seinen Job gemacht. Sein Platz ist an der Tages- beziehungsweise Abendkasse. Direkt vor der Vorstellung händigt er vor allem schon bestellte Tickets aus. Aber es gebe auch den einen oder anderen Spontanbesucher. Viele kleinere und größere Gruppen seien regelmäßiger Bestandteil des Publikums, sagt Jakub Osiewalski. Ebenso wie Touristen. Dazu natürlich Krimifreunde aus Friedrichshain, Berlin, Brandenburg. Und nicht wenige Stammgäste. Das wird schon beim belauschen mancher Wortfetzen deutlich.

Die Aufführung. Für die Schauspieler sind auch diese "Vögel" eine dankbare Vorlage, bei der sie sehr viele Facetten zeigen können. Abseits vom schon bei Hitchcock bekannten Grundmuster, dem Angriff von Heerscharen fliegender Tiere, interessierten Wolfgang Rumpf vor allem zwei Aspekte. Zum einen, warum die Vögel überhaupt verrückt spielen – was zu aktuellen Umweltproblemen führt. Zum anderen liegt der Fokus auf dem Verhalten von Menschen, die es gezwungenermaßen auf engstem Raum miteinander aushalten müssen. Die Aufführung wurde in der Jetztzeit angesiedelt. Im Haus, das Schutz vor dem aggressiven Gefieder bietet, und gleichzeitig Gefängnis ist, funktioniert neben dem Radio auch das Internet nicht mehr.

Soll und Haben. Das Kriminaltheater ist eine private Bühne und erhält keine Subventionen. Der Finanzrahmen sei deshalb häufig "auf Kante genäht", umschreibt das Wolfgang Rumpf. Von den normalerweise drei Neuinszenierungen in einer Spielzeit müssten mindestens zwei "sitzen", sprich, genügend Interesse finden. "Die Vögel", sagt er, gehören bisher dazu.

Die nächsten Aufführungen dieses Stücks sind am 30. April und 5. Mai, jeweils um 20 Uhr. Der gesamte Spielplan sowie weitere Informationen finden sich unter www.kriminaltheater.de. Kartenpreis: Montag bis Donnerstag 19 bis 29, Freitag und Sonnabend 19 bis 36, Sonntag 19 bis 34 Euro; Tickethotline 47 99 74 88. Wolfgang Rumpf hat das Kriminaltheater 2000 gegründet.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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