Freibeuter gekapert: Käufer, die nicht bezahlt haben, rücken das Schiff nicht raus
Friedrichshain. Mit dem ehemaligen Jugendschiff "Freibeuter" in der Rummelsburger Bucht hat der Bezirk ein nicht mehr ganz neues, aber wie es jetzt aussieht, dickes Problem am Hals.
Denn der Kaufinteressierte, die Gesellschaft Spreewohnen, der den größten Teil der vereinbarten Summe von 225 000 Euro bisher schuldig geblieben ist, macht keine Anstalten, den Kahn zu verlassen.
Wie im Vorfeld berichtet, sollte am 29. September deshalb die Schlüsselübergabe und damit die Rückabwicklung des Vertrags stattfinden. Daraus wurde aber nichts. Die Herausgabe sei schriftlich verweigert worden, gab Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Grüne) auf Nachfragen in der BVV am 11. Oktober bekannt.
Begründet hätten das die säumigen Zahler in ihrem Brief zum einen damit, dass ihnen bei einer Sitzung des Stadtplanungsausschusses im Frühjahr ein anderer Liegeplatz in Aussicht gestellt wurde. Von einem "Versprechen" sei dabei sogar die Rede gewesen, erklärte Schmidt, was ihn besonders erzürnte: "Ich habe damals nur gesagt, wir machen einen Termin." Darüber hinaus hätte es auch noch eine Abfrage beim Wasser- und Schifffahrtsamt zwecks möglichen anderen Ankermöglichkeiten gegeben. Aber es gab keine.
Die Suche nach einem alternativen Wasserstandort ist ein weiteres Problem bei dieser Causa. Denn in der Rummelsburger Bucht darf der "Freibeuter" nicht bleiben. Erst recht nicht, wenn das Schiff, wie im Fall von Spreewohnen, auch noch als Wohnung dient. Dem Käufer war der geforderte Abtransport bei Vertragsabschluss zwar bewusst, er hat ihn aber wohl nicht ganz ernst genommen oder auf eine Lösung gehofft: "Wir waren wohl etwas jungfräulich", räumte ein Vertreter bei seinem Auftritt in der Ausschusssitzung ein.
Allerdings spielte er den Ball gleich ins Feld des Bezirks zurück. Der, so war den Aussagen zu entnehmen, hätte darauf noch mehr hinweisen müssen und trage deshalb eine Mitschuld an den Schwierigkeiten.
In eine ähnliche Richtung, gepaart mit dem Verweis auf bereits geschaffene Tatsachen zielt, laut Baustadtrat, die zweite Argumentation in dem Brief. Nach Angaben von Spreewohnen seien in den "Freibeuter" inzwischen rund 80 000 Euro investiert worden. Auch für diese Ausgaben trage der Verkäufer eine gewisse Verantwortung. Und sei es nur, der Schluss bei dieser Argumentation liegt nahe, dass er die Bewohner nicht mehr einfach aus ihrer neuen Bleibe vertreiben könne. Nach Angaben von Florian Schmidt hätten sich zumindest einige Mitglieder mit neuer Adresse auf dem Schiff angemeldet. Wie das möglich ist, könne er nur schwer nachvollziehen.
Weil die säumigen Käufer aber nicht freiwillig weichen, wird das ein Fall für die Gerichte. Zunächst geht es um die Herausgabe und Rückabwicklung wegen der nicht, beziehungsweise nur in geringen Maße, erfolgten Überweisung des vereinbarten Betrags. Im weiteren um einen Räumungstitel. Das alles kann dauern.
Ach ja, einen Kompromissvorschlag von Spreewohnen habe es auch noch gegeben. Die Gesellschaft will zunächst auf dem "Freibeuter" bleiben und versuchen, Fördermittel für sein Forschungsprojekt einzutreiben. Denn auf dem Kahn sollen neue Lebens- und Arbeitsformen ausprobiert werden. Gebe es einen finanziellen Zuschuss, könnte in zwei Jahren über einen Auszug geredet werden.
Selbst für die bei alternativem Dasein sehr aufgeschlossenen Bezirkspolitik in Friedrichshain-Kreuzberg scheint das aber keine wirkliche Verhandlungsgrundlage zu sein. Vielmehr gab es Reaktionen zwischen Kopfschütteln und Sarkasmus. "Ich kann also demnächst ein Auto kaufen, es nicht bezahlen und trotzdem weiter damit fahren", war ein Kommentar. tf
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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