Friedhof der Märzgefallenen wird weiter erforscht

Zur Präsentation der Friedhof-Fundstücke kam auch Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD, vorne rechts). | Foto: Frey
  • Zur Präsentation der Friedhof-Fundstücke kam auch Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD, vorne rechts).
  • Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. 255 Opfer der Revolution von 1848 sind auf dem Friedhof der Märzgefallenen im Volkspark Friedrichshain bestattet. Außerdem rund 30 Tote der Revolution von 1918. Zu sehen sind nur noch wenige Gräber.

Denn während der vergangenen mehr als 160 Jahre wurde der Friedhof mehrfach umgestaltet und ähnelt heute eher einem kleinen Park. Dass die Anlage die letzte Ruhestätte vieler Menschen ist, gerät dabei leicht in Vergessenheit.Bis Ende September wird daran aber in besonderer Form erinnert. Zahlreiche mit roter Schnur gezogene Rechtecke sind zu sehen. Dazu viele kleine weiße Fähnchen, auf denen Namen stehen. Sie markieren die einstigen Gräber und auch, wer wo begraben wurde.

Die Installation ist Teil eines Forschungsprojekts zur Geschichte der Gedenkstätte. Dessen Arbeit ging aber weit über diese Aktion hinaus. In umfangreichen Recherchen wurden Name, Alter, Beruf und letzter Wohnort der Toten ermittelt. Die Ergebnisse finden sich jetzt in einer biographischen Datenbank, die über die Website www.friedhof-der-maerzgefallenen.de/revolutionaere1848 eingesehen werden kann.

Die Liste sagt viel aus über die Menschen, die bei den Berliner Barrikadenkämpfen am 18. und 19. März 1848 gestorben sind. Sie führt 247 Männer und acht Frauen auf. Mehr als zwei Drittel von ihnen waren Handwerker oder Arbeiter. Schneider, Tischler, Schuhmacher, Maurer findet sich häufig als Berufsbezeichnung. Aber auch ein Bäcker und ein Konditor, mehrere Advokaten, ein Vergolder oder ein Schauspieler waren unter den Toten. Das jüngste Opfer war erst elf Jahre alt: Der Knabe Carl Ludwig Kühn aus der Linienstraße. Nur 17 Jahre wurde das bis heute wohl bekannteste Opfer der Märzereignisse, der Schlosserlehrling Ernst Zinna, der in der heutigen Friedenstraße wohnte. Nach ihm wurden in der DDR zahlreiche Schulen und ein Preis benannt. Seit 2000 heißt der Weg, der von der Landsberger Allee zum Friedhof führt, nach ihm.

Studenten, Menschen in staatlicher Stellung oder gar Adlige sind in der Todesliste unterrepräsentiert. Eine der wenigen Ausnahmen ist Hermann von Holtzendorff. Der 22-jährige Student starb am 19. März 1848, weil er irrtümlich für ein Revolutionär gehalten wurde. Er war mit Soldaten auf dem Weg ins Schloss zur Feststellung seiner Identität. Auf dem Weg dorthin stieß der Trupp auf Barrikadenkämpfer, die Holtzendorff für einen der ihren hielten und seine Freilassung forderten. In der darauffolgenden Auseinandersetzung wurde er von einem Soldaten erschossen.

Hermann von Holtzendorff wurde wie die meisten Opfer am 22. März 1848 auf dem Friedhof der Märzgefallenen bestattet. Längst war auch er weitgehend in Vergessenheit geraten. Das änderte sich im vergangenen Februar. Da wurde bei Ausgrabungen im Rahmen des Forschungsprojekts sein Grabstein sowie die Reste eines Kreuzes gefunden. Wahrscheinlich waren sie beim Umbau der Anlage im Jahr 1948 unter der Erde verschwunden.

Für die Projektmitarbeiter ergab sich daraus zweierlei. Zum einen, dass die alten Aufzeichnungen der Gräberfelder eine gute Orientierung abgeben. Denn an der Stelle, wo sie im Februar buddelten, hatten sie bereits die letzte Ruhestätte von Hermann von Holtzendorff vermutet. Und sie gehen nach diesem Fund von weiteren Relikten im Boden aus. Deshalb sollen die Grabungen möglichst fortgesetzt werden.

Sie haben ebenso wie die markierten Gräber und die Datenbank vor allem ein Ziel: Den Friedhof und das was sich mit ihm verbindet, noch mehr Interessierten nahe zu bringen. Bereits jetzt passiert das, etwa in Form der begleitenden Dauerausstellung. Aber für viele Menschen erschließt sich der Zugang zu einem historischen Ereignis am besten über die Biografien seiner Protagonisten.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 164× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 938× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 601× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.098× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.986× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.