Für viele die erste Anlaufstelle
Abgeordnetenhauspräsident besucht die Bahnhofsmission am Ostbahnhof
Beinahe 128 Jahre schon gibt es die Bahnhofsmission in Berlin. Reiseschwierigkeiten, Obdachlosigkeit und einige andere Nöte bringen Menschen hier zusammen. Für viele ist die Bahnhofsmission die erste Anlaufstelle oder die letzte Chance auf ein geregeltes Leben.
Keine Bahnhofsmission Deutschlands gibt es länger als die am Berliner Ostbahnhof. Von Frauen aus katholischen, evangelischen und jüdischen Gemeinden gegründet, diente sie anfangs hauptsächlich dazu, arbeitssuchenden jungen Frauen, die am damaligen Schlesischen Bahnhof in Berlin ankamen, zu helfen und vor sozialer und sexueller Ausbeutung zu schützen. Daran hätte sich nicht viel geändert, meint Ulrike Reiher, Leiterin der Bahnhofsmission am Ostbahnhof. "Auch heute legen wir den Fokus auf Frauen, da diese oft benachteiligt und psychisch belastet sind." Generell habe das Klientel der Bahnhofsmission allerdings gewechselt: Menschen, die unter den Torbögen am Osttunnel zusammenkommen, seien meist wohnungslos, suchtmittelabhängig oder psychisch auffällig.
Für alle Bedürftigen stellt die Bahnhofsmission sieben Tage die Woche eine Anlaufstelle dar. Vormittags gibt es an der Tür eine Lunchpaket-Ausgabe, nachmittags besteht die Möglichkeit, drinnen zusammenzusitzen, die Toilette zu benutzen oder sich zu duschen. Neben diesen Hilfeleistungen gebe es auch persönliche Begleitung und Betreuung. "Es ist eine ganz niederschwellige Hilfe. Menschen kommen mit allen möglichen Problemen." Laut Reiher sei die Bahnhofsmission der erste Schritt in ein Hilfesystem, auf das manche Stammkunden seit über 20 Jahren zurückgreifen.
Platzmangel und wenig Fördermittel
Doch so groß die Bedeutung der "Nächsten Hilfe" auch ist, so gering sind auch ihre Mittel. Neben ungenügenden Fördermitteln vom Senat und einigen wichtigen Privatspenden hat die Deutsche Bahn der Bahnhofsmission fünf Torbögen des Ostbahnhofs zur Verfügung gestellt. Diese Fläche reicht jedoch kaum aus. So würde beispielsweise der Platz für Waschmaschinen, eine zweite Toilette oder gar zum Kochen einfach fehlen, meint Reiher. Die Räume sollen zwar um weitere zehn Bögen erweitert werden, dies dürfte nach Angaben der Bahn allerdings noch etwa vier Jahre dauern.
Besonders an langen Wochenenden und Feiertagen sei auch Personalmangel ein großes Problem. Viele Mitarbeiter der Bahnhofsmission sind Ehrenamtliche oder auch Schülerpraktikanten. "Bürgerschaftliches Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Zivilgesellschaft", sagte kürzlich der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dennis Buchner (SPD), bei seinem Besuch am Ostbahnhof, bei dem er einen Vormittag lang mit Mitarbeitern sprach, Brote schmierte und Essen ausgab. Ehrenamt müsse wertgeschätzt werden, darin sind sich Reiher und Buchner einig. Viel Unterstützung ist dafür notwendig, um die jährlich etwa 50 000 Besucher mit etwa 90 000 Mahlzeiten zu versorgen, sie zu betreuen und auf ihrem Weg zu begleiten.
Mehr Informationen zur Bahnhofsmission am Ostbahnhof gibt es auf bahnhofsmission-berlin-ostbahnhof.de.
Autor:Finn Ruetz aus Rummelsburg |
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