Ersatzteile aus dem Drucker: Deutsche Bahn geht neue Wege bei der Instandhaltung

Stefanie Brickwede und Uwe Fresenborg erhoffen sich einiges von der 3D-Revolution bei der Bahn. | Foto: Thomas Frey
5Bilder
  • Stefanie Brickwede und Uwe Fresenborg erhoffen sich einiges von der 3D-Revolution bei der Bahn.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. "Ist das was wir wollen, rübergekommen?", fragt Uwe Fresenborg mehrmals. Wahrscheinlich schon, denn er hat den Grund dieser "Revolution" eingehend beschrieben.

Die besteht darin, dass die Deutsche Bahn schon aktuell und erst recht in der Zukunft immer mehr auf 3D-Ersatzteile setzt. Also Material, das aus dem Drucker kommt.

Noch sind die Anfänge eher bescheiden. Etwa 60 Produkte mit einer Gesamtstückzahl von etwa 1000 gehören bisher zum Sortiment. Aber schon bis Dezember soll diese Zahl verdoppelt werden, für Ende 2018 sind 15 000 angepeilt.

Warum geprintete Produkte eine immer größere Rolle spielen sollen, liegt an ihrer schnellen und passgenauen Verfügbarkeit. Womit wir beim ständig wiederholten Credo von Uwe Fresenborg wären. Er ist Geschäftsführer des Bereichs Fahrzeuginstandhaltung bei der Bahn und malt das Horrorszenario aus, wenn ein kaputter Zug ausfallen müsste, weil ein bestimmtes Teil für seine Reparatur nicht sofort verfügbar ist. Das würde einen nicht zu beziffernden Kostenverlust bedeuten. Vom Imageschaden ganz zu schweigen.

Diese Gefahr besteht schon deshalb, weil manches, was vor allem für ältere Eisenbahnen gebraucht wird, inzwischen von der herkömmlichen Fertigungspalette verschwunden oder nur mit langem Vorlauf zu ordern ist. Das betrifft auch Equipment, dessen Fehlen zwar für keinen Super-Gau im Zugverkehr, wohl aber für Ärger sorgen könnte. Uwe Fresenborg demonstriert das am Beispiel eines einfachen Mantelhakens, der Ende 2015 den Beginn des 3D-Zeitalters markierte. Die Lieferfrist für diese Überhangaufhänger habe drei Monate betragen, sagt er. Per Drucker kann so ein Haken dagegen in wenigen Stunden produziert werden. Aber auch größere 3D-Ersatzteile sind inzwischen im Angebot, etwa Staubschutzklappen, Klemmkästen für Kabel und Kopfstützen. Sie werden aus Kunststoff, Titan, neuerdings auch aus Metall hergestellt. Anhand einer Modellvorlage und vom Computer gesteuert stapelt der Drucker jeweils dünne Schichten aufeinander bis zum Endprodukt. Das passiert in Unternehmen wie dem Kreuzberger Start-up BigRep, in dessen Räumen an der Gneisenaustraße die Präsentation stattfand. Ein solches Gerät koste etwa 50 000 Euro, sagt Geschäftsführer Dr. Stephan Beyer. Die Firma wurde vor drei Jahren gegründet, habe inzwischen 60 Mitarbeiter und außer in Kreuzberg auch Standorte in New York und Singapur. Nicht nur die Bahn, sondern beispielsweise Unternehmen der Luftfahrtindustrie gehörten zu den Auftraggebern. Der Umsatz bewege sich mittlerweile im einstelligen Millionenbereich, wobei die Gewinnzone wohl in diesem und nächsten Jahr noch nicht erreicht werde. Es handelt sich bei den gedruckten Ersatzteilen um ein relativ neues Geschäftsfeld. Auch die Produktionskosten sind noch ziemlich hoch, aber durch diese Technologie könnte sich vieles im bisherigen Wirtschaftskreislauf verändern.

Das sieht auch die Bahn so und hat parallel zu ihren eigenen 3D-Initiativen das Netzwerk "Mobilitiy Goes Additive" initiiert. Ihm gehören Unternehmen wie Siemens und Knorr-Bremse an, ebenso Wissenschaftseinrichtungen. BigRep macht ebenfalls mit. Das Ziel ist herauszufinden, wie man mit dieser Innovation umgeht und sie nutzbar machen kann. Das betrifft Fragen nach der künftigen Ausbildung angehender Ingenieure ebenso, wie eine andere Organisation der Logistik. Dabei soll auf die Erfahrungen der bisherigen Industriegeschichte aufgebaut, sie aber mit den neuen Möglichkeiten bereichert werden, erklärt Uwe Fresenborg. Denn manches wird auch weiter und wohl noch sehr lange eher handwerklich-analog produziert.

Gleichzeitig hat die interaktive Alternative auch jenseits von Ersatzteilen die Phantasie mancher Bahnverantwortlicher stimuliert. 3D werde jetzt im ganzen Unternehmen bei der Suche nach möglichen Verbesserungen eingesetzt, sagt Projektleiterin Stefanie Brickwede. Etwa bei einem Test für Handläufe in Blindenschrift, der im Berliner Hauptbahnhof ausprobiert werden soll. Für das Know-how spiele wiederum die Hauptstadt eine ganz wichtige Rolle, wird nicht nur mit Verweis auf BigRep betont. Er sei zur Drucker-Revolution im kalifornischen Silicon Valley inspiriert worden, erzählt Uwe Fresenborg. "Aber das zweite Silicon Valley ist Berlin." tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 238× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 999× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.143× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.031× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.