Auf das Gleis gesetzt: Sven Heinemann schrieb Buch über das Ostkreuz
Sven Heinemann ist SPD-Abgeordneter für Friedrichshain. Die derzeitige Situation seiner Partei und das Agieren mancher Genossen macht auch ihm derzeit wenig Freude. Sven Heinemann hat aber noch ein anderes Faible: Die Friedrichshainer Geschichte. Zusammen mit dem Eisenbahnfotografen Burkhard Wollny hat er jetzt das Buch "Mythos Ostkreuz" vorgelegt.
Nach Veröffentlichungen über die Kolonie Boxhagen sowie die Unternehmerfamilie Hirschmann, deren Betrieb sich einst auf dem heutigen Freudenberg-Areal befand, ist das bereits Heinemanns drittes Werk.
Wie der Titel schon andeutet, steht der gleichnamige Eisenbahnknotenpunkt im Mittelpunkt. Aber Mythos Ostkreuz geht darüber hinaus. Entstanden ist eine Chronologie des Schienenverkehrs in Friedrichshain und Umgebung von seinen Anfängen bis heute. Mit 272 Seiten und einem Gewicht von 2,5 Kilogramm ist es dann auch entsprechend dick und schwer geworden.
Anlass dafür waren zum einen zahlreiche Jubiläen in 2017: 175 Jahre Ostbahnhof, 150 Jahre RAW-Gelände. Auch die Anfänge am Ostkreuz ließen sich am Jahr 1842 festmachen, sagt Sven Heinemann. Und dass der inzwischen mehr als zehnjährige Totalumbau der Station inzwischen auf der Zielgerade angelangt ist und 2018 beendet werden soll, bedeutete einen weiteren Aufhänger.
Für Fotos Knast riskiert
Dazu kam die Bekanntschaft mit Burhard Wollny. Der Mann aus dem schwäbischen Göppingen liefert neben anderen die Bilder für den seit einigen Jahren regelmäßig erscheinenden Eisenbahnkalender. Auch dort im Fokus: alte Fotos vom Schienenverkehr speziell in Friedrichshain. Denn Burkhard Wollny jagd seit seiner Jugend mit seiner Kamera allem hinterher, was sich auf Gleisen bewegt oder damit im Zusammenhang steht. Auch einst in der DDR, was mehrfach den Argwohn der Stasi hervorrief, die hinter seinen Streifzügen mehr vermutete, als nur eine ausgeprägte Dampfross-Leidenschaft. "Wollny hat für manche Aufnahmen häufiger als einmal Knast riskiert", ist Sven Heinemann noch heute angetan über so viel Courage oder auch Chuzpe. Der sind jetzt einige besondere Bilder im Buch zu verdanken.
Wie überhaupt die Fotos einen großen Raum einnehmen. Rund 350 sind abgebildet. Ausgewählt aus mehreren tausend, die in vielen Archiven aber auch durch Privatpersonen zusammengekommen sind. Die Friedrichshainer Eisenbahngeschichte lasse sich jetzt sehr weitgehend visuell dokumentieren, vermerkt der Autor nicht ohne Stolz.
Bahnhof Stralau neu verortet
Auch die Textrecherchen erbrachten manches Neue. Etwa über den nur zwischen 1882 und 1892 existierenden Bahnhof Stralau. Der sei bisher immer in der Gegend der heutigen Laskerstraße verortet worden, sagt Sven Heinemann. Seine Nachforschungen hätten aber ergeben: Er befand sich in Höhe des heutigen Markgrafendamms 18.
Oder die Sache mit der eintägigen Königsbahn. Anlässlich der Krönung des späteren Kaisers Wilhelm I. zum preußischen Herrscher wurde für den Empfang seiner Majestät am 22. Oktober 1861 eine Bahnlinie vom damaligen Bahnhof Rummelsburg durch Boxhagen bis in die Nähe des Frankfurter Tors gebaut. Sie war nur für diesen Anlass in Betrieb.
Schon das Lavieren durch die im Laufe der Zeit immer wieder geänderten Bahnhofsbezeichnungen ist nicht einfach. Allein unter dem Namen Rummelsburg gab es verschiedene Standorte. Auch das Ostkreuz hieß lange Stralau-Rummelsburg. Dazu gab es viele Um- und Neubauten oder ein anderes Anordnen der Schienenstrecken, nachzuvollziehen unter anderem auf einem Gleisplan.
Mehr als ein Jahr lang geforscht
Für sein Werk hat Heinemann mehr als ein Jahr geforscht, Experten und Eisenbahnfans angeschrieben, sich durch Unterlagen gewälzt. Wie so oft seien es manchmal Zufallsfunde gewesen, die ihn wieder einen Schritt weiter gebracht und manches Geheimnis gelüftet hätten. Natürlich habe diese Arbeit vor allem in den Ferien und während der sitzungsfreien Zeit stattgefunden, baut er möglichen Vorhaltungen vor, er vernachlässige wegen seines schriftstellerischen Wirkens vielleicht seine eigentliche Tätigkeit. Auch dass ein Teil des Verkaufserlös an den Verein Historische S-Bahn Berlin geht, vergisst er nicht zu erwähnen. Mit dem Geld soll das Reaktivieren eines Weihnachtszugs aus den 1930er-Jahren unterstützt werden. Sein Gewinn war vor allem der Spaß an der Sache. Das zeigt sich schon daran, mit welcher Leidenschaft Sven Heinemann über das Buch, das Aufspüren bisheriger Geheimnisse berichtet und eine Anekdote an die nächste reiht.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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