Kita Rosa Marzipan
AWO macht Traditionskita im Brunnenviertel dicht: Eltern protestieren
Anfang Februar bekommen Eltern und Erzieher die schockierende Nachricht: Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) schließt ihre Minikita Rosa Marzipan in der Putbusser Straße 30–31 zu Ende Juni. Grund sollen ständig feuchte Wände und Schimmel in der Wohnungskita sein.
Die Kita Rosa Marzipan gibt es seit über 40 Jahren. Ende der Siebziger Jahre im Rahmen der Kinderladenbewegung entstanden, ist die Minikita mit vier Räumen im Kiez beliebt. Etliche Kinder, die hier gewindelt wurden, sind heute selbst Erzieher. Die Eltern schwärmen von der Einrichtung mit dem „familiären Charakter und dem tollen Team“, wie Tina Welz sagt. Die 37-jährige Krankenschwester ist erst vor einem Jahr in den Kiez gezogen. Für Töchterchen Nassim (2) und Sohn Salim (1) hat die Alleinerziehende eine perfekte Betreuung in Wohnungsnähe gefunden.
Doch am 4. Februar hat die AWO Mitte als Betreiber der Traditionskita den Eltern per Brief mitgeteilt, dass die Einrichtung zum 30. Juni geschlossen wird. Auf einem außerordentlichen Elternabend am 7. Februar hat die AWO-Geschäftsführung das Aus mit einer ständigen Gesundheitsgefährdung der 32 Kinder und sieben Erzieher begründet. Die Räumlichkeiten seien seit mehreren Jahren in einem schlechten Zustand. Das Gesundheitsamt und die AWO hätten die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Degewo mehrfach zur Sanierung „der immer wieder von Feuchtigkeit und Schimmel betroffenen Wände aufgefordert“, heißt es in dem AWO-Brief. Die Degewo hat bis zum Redaktionsschluss Anfragen der Berliner Woche nicht beantwortet.
Kein Schimmel mehr
Tatsächlich gibt es schon seit Jahren ein Feuchtigkeitsproblem. „Aber keinen Schimmel und keine Gesundheitsgefährdung“, sagt Mutter Tina Welz. Für sie und für Elternsprecherin Inga Lexow (32) ist die Schimmelproblematik nur vorgeschoben. „Es gab 2017 einmalig Schimmel im Kreativbereich aufgrund eines defekten Wasserabflusses des über der Kita liegenden Balkones“, schreibt Welz an Jugendstadträtin Ramona Reiser (Linke). Der Schaden sei seitens der Degewo behoben worden. „Die Schimmelmessung zeigte nach der Sanierung neutrale Werte“, so Welz. Es gebe zwar „einzelne feuchte Stellen in den Räumlichkeiten mit sichtbaren Salpeteraustritten, aber keinerlei Gesundheitsgefährdung. An den feuchten Wänden gab es nie Schimmelbildung“, meint Tina Welz.
Sie ärgert sich über den „Alleingang der AWO ohne die Elternschaft einzubeziehen“. Auch habe die AWO einen Runden Tisch zum Thema abgelehnt. Die Eltern vermuten, dass die AWO die Minikita aus wirtschaftlichen Gründen dichtmachen will. AWO-Kreischef Manfred Nowak bestätigt, dass der Vorstand schon länger nach Alternativen für die Marzipan-Kita sucht. Zwar sei eine so kleine Kita nicht wirtschaftlich – „die größeren Kitas tragen die kleinen mit“, so Nowak – aber Hauptgrund für die Entscheidung zur Kündigung waren „die jahrelangen Feuchtigkeitsprobleme.“
Alternative zu weit weg
Nowak sichert allen Eltern als Ersatz einen Platz in der neuen Kita Pinocchio in der Iranischen Straße 6 zu. Die will die AWO in den Räumen einer früheren Seniorenbegegnungsstätte am 1. Juli eröffnen. Von den 50 Plätzen werden für alle Eltern der Marzipan-Kita welche reserviert. „Wir hoffen, dass auch alle sieben Erzieher dorthin wechseln können“, sagt Nowak. Für Tina Welz und Inga Lexow ist das Angebot viel zu weit entfernt. Sie kämpfen weiter für den Erhalt der Marzipan-Kita im Kiez. Ende Februar sollen Gutachter dort noch einmal die feuchten Wände untersuchen.
Noch hat die AWO den Mietvertrag mit der Degewo nicht gekündigt, will das aber Ende März machen. Manfred Nowak versteht den Ärger der Eltern, ist sich aber sicher, dass die neue Kita in der Iranischen Straße allen besser gefallen wird. Die Räume dort werden derzeit ausgebaut. Die Kita Rosa Marzipan sei mit „modernen Ansprüchen von heute nicht mehr vergleichbar“. Den Außenbereich der Wohnungskita bezeichnet er als „Hinterhofsituation“.
Abwarten, dranbleiben
Besorgten Eltern bietet Nowak telefonisch unter 0160 98 50 88 06 ein persönliches Gespräch an. Für Jugendstadträtin Ramona Reiser ist die „Entscheidung der AWO nachvollziehbar und verantwortungsvoll“, schreibt sie an Tina Welz. „Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss sind auf Grund der wiederkehrenden Schimmelproblematik auch mittelfristig nicht für den Betrieb einer Kita geeignet“, so Reiser. Auf Welz‘ Anmerkung, dass es „keinen Schimmel gibt und die AWO seit der Sanierung 2017 keine Mängel mehr bei der Degewo angezeigt hat“, antwortet Reiser: „Wir bleiben an der Sache dran“.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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