Nebenwirkungen und Risiken der Coffeshop-Idee

Den illegalen Drogenhandel im Görlitzer Park will der Bezirk mit einem Coffeeshop eindämmen. Umsetzen kann er diese Idee aber nicht alleine. | Foto: Frey
  • Den illegalen Drogenhandel im Görlitzer Park will der Bezirk mit einem Coffeeshop eindämmen. Umsetzen kann er diese Idee aber nicht alleine.
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Kreuzberg. Gibt es ausgehend von Friedrichshain-Kreuzberg einen Epochenwechsel in der deutschen Drogenpolitik? Oder bedeutet das Ganze, um auf ein anderes Suchtmittel zu verweisen, eher eine Schnapsidee? Fakt ist inzwischen allerdings: Die Forderung, im Görlitzer Park einen Coffeeshop einzurichten, ist mehr als nur ein kurzfristiger Debattenbeitrag.

Am 28. August beschloss die BVV einen entsprechenden Antrag der Fraktion Bündnis90/Grüne zur weiteren Beratung an mehrere Ausschüsse zu verweisen. Verlangt wird dort unter anderem "... die nötigen Schritte einzuleiten um durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizenzierten Abgabestelle(n) den negativen Auswirkungen der Prohibition und des dadurch entstehenden Schwarzmarktes entgegen zu treten."Ein Satz der genauso viele Fragen aufwirft wie Antworten gibt. Auch wenn die Antragsteller einige Lösungswege skizzieren. Etwa auf welcher rechtlichen Grundlage der Coffeeshop eigentlich entstehen soll? Bekanntlich sind solche Einrichtungen bisher in Deutschland verboten. Als Schlupfloch, das zumindest aufzuweichen, hatte zuvor bereits Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) den medizinischen Weg ins Spiel gebracht. Konkret soll der Cannabisverkauf beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragt und genehmigt werden. Die Begründung lautet in etwa so: Drogenabhängige sind krank, brauchen diese "Arznei" an deren kontrollierter Abgabe deshalb ein Interesse bestehen müsste. Durch diese Hintertür können sich manche Konsumenten nach vorherigem Antrag bereits jetzt mit Stoff versorgen. Allerdings ist das bundesweit eine überschaubare Zahl. Auf diese Weise eine flächendeckende Abgabe zu ermöglichen, stößt bisher sowohl beim Bundesamt, als auch beim Gesundheitsministerium auf Ablehnung.

Flächendeckend auch deshalb, weil Friedrichshain-Kreuzberg seine Coffeeshop-Idee nicht alleine, sondern möglichst mit weiteren Kommunen forcieren will. Das, so die Hoffnung, erhöhe vielleicht die Erfolgsaussichten. Außerdem soll dadurch verhindert werden, dass eine solche Einrichtung im Görli die einzige bleibt.

Denn nur einmal angenommen, es würde diese Anlaufstelle lediglich in Kreuzberg geben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein auch internationaler Drogentourismus einsetzt, wäre wohl sehr hoch. Schon aktuell wird der Görlitzer Park teilweise als eine Art Berliner Freiraumzone in vielen Reiseführern oder Websites angepriesen. Dem soll mit der Coffeeshop-Idee aber eigentlich gerade entgegen getreten werden.

Die vielen Dealer im Park bedeuten ein großes Problem für Anwohner und Nutzer, sagt Bürgermeisterin Herrmann. Es lasse sich aber mit ständigen Polizeirazzien nicht lösen, wie die vergangenen Wochen gezeigt hätten. Und selbst wenn es gelingen sollte, die Drogenanbieter aus der Anlage zu vertreiben, verticken sie ihren Stoff an anderer Stelle. Ihre Schlussfolgerung: Das illegale Drogengeschäft werde nur dadurch ausgetrocknet, wenn sich die Konsumenten irgendwo legal bedienen könnten.

Vor allem der CDU-Bezirksverodnete Timur Husein sieht das ganz anders. Er warnte vor einem wie auch immer gearteten niederschwelligen Angebot für Cannabisprodukte. "Das sind Drogen, bei denen Menschen schwere Schäden nehmen können." Langfristig werde es nur noch mehr Abhängige geben.

Die anderen Fraktionen signalisierten dagegen zumindest Zustimmung, dieses Thema weiter zu verfolgen. Selbst wenn viele Risiken und Nebenwirkungen bleiben. Etwa auch, ob sich die Dealer wirklich vertreiben lassen und wie dem Verkauf harter Drogen begegnet wird?

Außerdem bleibt die Frage, wie kommt das Gras in den Görlitzer Park und woher? Die Hanfprodukte sollen aus kontrolliertem Anbau stammen. Zu Ende gedacht würde das bedeuten, dass es eine bezirkliche Aufsicht über die Ernte, die Verarbeitung und den Vertrieb geben müsste. Wahrscheinlich mit entsprechendem Wachschutz.

Gerade die staatlichen Kontrollen würden wiederum den größten Unterschied zum niederländischen Modell bedeuten, meint Monika Herrmann. Deshalb ist sie auch mit der Bezeichnung "Coffeeshop" nicht mehr besonders glücklich. Denn er suggeriere etwas, was hier gar nicht gewollt sei.

Unterfüttert werden soll der Vorstoß durch begleitende Aktionen. Zum Beispiel einem Runden Tisch mit Anwohnern, Initiativen, Experten und der Polizei. Vorgesehen ist außerdem, Mitarbeiter der Drogenberatungsstelle Gangway in den Park zu schicken, um das Gespräch mit den Dealern und ihren Kunden zu suchen.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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