WorldCitizen Initiative erhält Demokratiepreis
"Wer aus Thüringen kommt, bitte aufstehen", forderten die vier jungen Männer von WorldCitizen das Publikum auf. Gleiches galt danach für alle, die weiße Socken anhatten, oder aus der vergangenen Nacht noch einen Kater mit sich schleppten. Die Stimmung war danach entsprechend gelöst. Damit gab das Projekt gleichzeitig einen Einblick in seine Arbeit. Denn bei WorldCitizen geht es darum, dass Gemeinsamkeiten entdeckt, Vorurteile abgebaut und ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe eingeübt werden. Zum Beispiel durch solche Rollenspiele. Sie sind Teil von Workshops, die die Initiative regelmäßig vor allem in Schulen, aber auch bei Firmen oder Vereinen abhält. Der Name ist dabei Programm. "Wir wollen erreichen, dass sich jeder als eine Art Weltbürger fühlt, für den Herkunft, Geschlecht oder Religion keine Bedeutung haben", erklärt Hans Storck (21). Wer das verinnerlicht habe, trete nicht nur anders gegenüber seinen Mitmenschen auf, sondern löse auch Konflikte souveräner. Hans war neben Cem Baran Keskin (22) und Salah Said (21) vor drei Jahren einer der Gründungsmitglieder von WorldCitizen. Amir Ohadi (21) stieß später dazu. Was das Quartett und seine inzwischen weiteren Mitstreiter, die sogenannten Botschafter, propagiert, scheint auf den ersten Blick eine Binsenweisheit zu sein.
Aber im Alltag funktioniere das Zusammenleben leider noch immer nicht so, wie es eigentlich wünschenswert wäre, meinen die vier und verweisen auf eigene Erfahrungen. "Fragt man mich, woher ich komme, sage ich natürlich immer aus Berlin", erzählt Cem Baran Keskin. "Die nächste Frage ist dann aber immer. Aber da hast du doch nicht immer gewohnt, oder woher kommen deine Eltern?"
Ihre Zielgruppe seien vor allem Jugendliche, "zu denen wir als fast Gleichaltrige meist schnell einen Zugang finden". Natürlich lassen sich manche Rituale nicht in einem Workshop verändern, aber zumindest zum Nachdenken sollen die Schüler animiert werden. "Wenn die danach ihre Auseinandersetzungen anders austragen", ist das ein erster Schritt."
Ihr Engagement betreiben die vier Studenten und ihre Botschafter weitgehend ehrenamtlich. Inzwischen konnten sie einige Fördergelder und weitere Unterstützung akquirieren, zum Beispiel einen Schreibtisch im Social Impact Lab.
Der Waltraud-Netzer-Jugendpreis zeichnet Projekte aus, die sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen und/oder die Entwicklung einer lebendigen Demokratie befördern. Die Jury würdigte bei WorldCitizen "das unkonventionelle Engagement und neue Konzepte für ein besseres Verständnis zwischen Jugendlichen unterschiedlicher Kulturen ". Die Auszeichnung ist mit 1500 Euro dotiert. Sie erinnert an Waltraud Netzer, die während der NS-Zeit zusammen mit Kommilitonen Verfolgte versteckte und nach dem Krieg als SPD-Bezirksstadträtin in München tätig war.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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