Die ehemalige Polizeiwache zieht viele Interessenten an
Die einen durchstreifen das 6000 Quadratmeter große Gelände zu Zweit, ein Klemmbrett in der Hand haltend. Die anderen fotografieren das Innere des um 1890 erbauten Gebäudes. Bernd Lützeler interessieren vor allem die ehemaligen Haftzellen. In die Türen haben die Insassen Botschaften geritzt, sie zeugen noch davon, dass hier 1995 Menschen inhaftiert waren.
Die Räume haben Miniaturfenster und dicke Türen, kaum ein Lichtstrahl dringt durch. "Genau das brauchen wir", sagt Lützeler. Der Filmkünstler der Gruppe LaborBerlin arbeitet mit analogem Filmmaterial. "Wir entwickeln noch selbst und brauchen deshalb wirklich dunkle Räume."
Im Moment nutzt LaborBerlin noch Räume im Stadtbad Wedding. "Ob wir dort bleiben können, ist unsicher." Preiswerter und funktionaler Platz zum Arbeiten ist für Künstler in Berlin rar. "Die Wache wäre ideal", schwärmt Lützeler. Doch ob sie hier einziehen können, darüber wird der künftige Käufer entscheiden.
Caroline Rosenthal jedenfalls würde die Künstler gerne in die Rathausstraße 12 einziehen lassen. Sie gehört zu den Kaufinteressenten für das Objekt. "Der bauliche Zustand der Gebäude ist gut", findet sie. Rosenthal engagiert sich in der Projektgruppe "Kultwache RathausStern" (die Berliner Woche berichtete). Sie will in der ehemaligen Wache soziales Wohnen, eine Kita und kreative Projekträume für Anwohner und Künstler entstehen lassen. Kauf und Bau sollen mit Mikrokrediten und der Gründung einer GmbH zusammen mit dem Gesellschafter Mietshäuser Syndikat verwirklicht werden. Ein Vorbild ist das Wohnprojekt "LaVidaVerde" in der Sophienstraße 35 in Rummelsburg.
Erstmals will der Liegenschaftsfonds (Lifo) nicht an den Meistbietenden verkaufen, sondern auch die Nutzung des Geländes in die Verkaufsentscheidung einbeziehen. Das könnte eine Wende in der Verkaufspolitik landeseigener Grundstücke sein.
Auch die Initiative Kultwache RathausStern hat sich für die Änderung der Liegenschaftspolitik eingesetzt. Doch jetzt kommt es anders, als es die Initiative erwartet hat. Obwohl ihr Nutzungskonzept für das Gelände steht, ist es für die kleine Gruppe nicht einfach, das vom Lifo geforderte Kapital von sieben Millionen Euro zu beschaffen. "Mit diesem vorgeschalteten Wettbewerb haben wir nicht gerechnet", sagt Rosenthal.
Bevor das Nutzungskonzept zum Tragen kommt, werden die Bewerber auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse geprüft. "Die sieben Millionen Euro sind hoch angesetzt und hauen uns ganz schön aus den Socken. Wir haben den Verkehrswert des Areals auf 1,2 Millionen Euro geschätzt, dazu kommen noch Kosten für Sanierung und Neubau." Das würde weitere Investitionen in Millionenhöhe nach sich ziehen.
Warum hat der Lifo ausgerechnet sieben Millionen Euro angesetzt? "Wir wissen es nicht. Natürlich gibt es das Areal nicht umsonst und auch wir haben Interesse an einem ordentlichen Verfahren", sagt Caroline Rosenthal. Sie hofft, dass die Initiative als eine der acht Bewerber in die zweite Runde vorgelassen wird.
"Jetzt müssen wir uns schnell um Finanzierungszusagen für den Rest der sieben Millionen Euro kümmern und Referenzen bringen." Das ist nur noch bis Ende November möglich.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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