Mitarbeiter und Besucher sind verunsichert: Treten giftige Dämpfe aus?
Eigentlich wollte Anne Meyer vor einigen Wochen nur ein paar Unterlagen abgeben. Doch als sie im Warteraum saß, beobachtete sie etwas Merkwürdiges in den von dort aus gut sichtbaren Büros. "Eine Mitarbeiterin sprang plötzlich aufgeregt auf. Dann setzten sich alle Mitarbeiter in dem Büro Schutzmasken auf. Außerdem wurden die Fenster zum Lüften weit geöffnet." Laut Meyer handelte es sich nicht um einfache Bauarbeitermasken. "Man kennt solche Masken vielleicht auch aus russischen Filmen." Was sie außerdem verwunderte: Die Mitarbeiter zogen die Schutzmasken aus einem Schreibtischfach hervor. "Es wirkte fast routiniert", so Meyer. Eine Warnung an die Personen im Warteraum gab es allerdings nicht.
"Ich bin verwundert über die Reaktion der Mitarbeiter. Denn das Gebäude ist doch frisch saniert", sagt die SPD-Bezirksverordnete, die ihre Beobachtung auch in der jüngsten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung zum Thema machte.
Tatsächlich wurde das Finanzamtsgebäude bis Oktober 2012 saniert. Hauptgrund war eine Schadstoffbelastung. Denn aus den Fußböden dünstete giftiges Naphthalin aus. "Bei der Sanierung wurde eine gasdichte Folie als Sperre verlegt", weiß der Finanzamtsvorsteher Dieter Stiebler. Die Beobachtung von Anne Meyer will er nicht bestätigen. "Das Finanzamt verfügt nicht über Schutzmasken." Ob sich die Mitarbeiter auf eigene Kosten solche Masken zugelegt haben, könne er nicht bestätigen. Das Verwenden von Schutzmasken sei aber "nicht hinnehmbar für eine öffentliche Verwaltung".
Tatsächlich klagen aber Mitarbeiter über Beschwerden: "Hautirritationen, gereizte Schleimhäute, Atembeschwerden", zählt der Vorsteher auf. Den Mitarbeitern stehe es jedoch frei, Versetzungsanträge zu stellen, so Stiebler. Ob Versetzungsanträge gestellt wurden, darüber wollte der Vorsteher aber keine Auskunft geben.
Von einer Schadstoffbelastung will die Senatsverwaltung für Finanzen nichts wissen: "Jüngste Untersuchungen ergaben, dass es keine Anhaltspunkte für eine relevante Schadstoffbelastung gibt", sagt Jens Metzger, Sprecher der Finanzverwaltung. "Angesichts der anhaltenden Beschwerden der Mitarbeiter wird sich die Senatsverwaltung für Finanzen gemeinsam mit der BIM und dem Finanzamt weiterhin bemühen, die Ursache für diese Beschwerden aufzuklären", so Metzger.
Bislang seien alle Teile des Gebäudes ohne Einschränkungen zugänglich, bekräftigt Katja Cwejn, Sprecherin der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM). Die BIM verwaltet das Gebäude. Cwejn findet den geschilderten Vorfall seltsam. "Wir vertrauen auf unsere Gutachten. Die haben keine Schadstoffbelastung nachweisen können", so Katja Cwejn. Das Aufsetzen der Schutzmasken sei wohl eine individuelle Entscheidung der Mitarbeiter gewesen, mutmaßt die BIM-Sprecherin.
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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