Beratungsstelle vermittelt "Zeitschenker" an Menschen, die nicht mehr am sozialen Leben teilhaben können
Lichtenberg. Wer chronisch krank oder gar pflegebedürftig ist, kann Freundschaften schwer pflegen. So bleibt auch irgendwann die Freizeitgestaltung auf der Strecke. Abhilfe schaffen die ehrenamtlichen "Zeitschenker" der Kontaktstelle "PflegeEngagement".
"Viele verstehen einfach nicht, in welcher Lage einen eine lang andauernde Krankheit versetzt", sagt Monika Böttcher. Die 58-Jährige lebt mit ihrem Mann in Neu-Hohenschönhausen. Einfach die Wohnung zu verlassen, mal spazieren oder einkaufen gehen, das fällt ihr sehr schwer. Eine Krankheit setzt Monika Böttcher bereits seit Jahren zu. "Mein Mann gibt mir sehr viel Halt. Doch viele Freunde haben sich über die Zeit weggewandt", sagt sie. Ihren Alltag gestaltet sie weitgehend selbstbestimmt. Für Abwechslung sorgt ein Hobby. "Ich bastel einfach gern, obwohl ich sonst kein geschickter Mensch bin", sagt sie und lacht. Die 58-Jährige liebt es, Geschenkkarten mit aufwendig gestalteten Bordüren und filigranen Papierblüten zu schmücken, Geschenkkartons oder Dekorationen für die Wohnung herzustellen. Lange Zeit suchte sie nach Gleichgesinnten, nach einem "kreativen Gedankenaustausch".
Sie wandte sich an die Kontaktstelle "PflegeEngagement". Die vom Land Berlin und den Pflegekassen geförderte Beratungsstelle unterstützt Menschen, die auf vielfache Weise auf Hilfe angewiesen sind. Ob Behinderung, Demenz oder chronische Erkrankungen: "Viele Menschen werden zwar vom Pflegedienst betreut, doch im Alltag wünschen sie sich einfach jemanden zum Reden", weiß Ines Drost von der Kontaktstelle. Hilfe geben hier die sogenannten "Zeitschenker".
Im Rahmen eines ehrenamtlichen Besuchsdienstes sorgen sie für Abwechslung im Alltag der Betroffenen. "Das können Gespräche sein, einfach eine Auszeit bei einer Tasse Tee. Oder ein Spaziergang, wenn jemand hier Unterstützung braucht. Auch gemeinsame Besuche von Kulturveranstaltungen gehören dazu." Der Besucherdienst ist als Ergänzung gedacht: "Die Ehrenamtlichen übernehmen natürlich keine pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Tätigkeiten", hebt Drost hervor. Doch auch wer keinen Pflegedienst beansprucht und als Senior einfach etwas wackelig auf den Beinen ist, sodass ein Spaziergang alleine schwerfällt – "auch für solche Betroffenen sind wir da", sagt Drost. Rund 30 ehrenamtlicher "Zeitschenker" gibt es im Bezirk. "Jeder kann sich an uns wenden, um Zeitschenker zu werden. Wir vermitteln aber auch gerne weiter, wenn jemand den Besuchsdienst in Anspruch nehmen möchte."
Für Marina Seikel ist der Besuchsdienst eine Ehrensache. Sie verschenkt gerne ihre Zeit. "Zu helfen macht Sinn", sagt sie lächelnd. Die gelernte Arzthelferin ist arbeitssuchend. Ihre Freizeit will sie sinnvoll verbringen. Jeden Mittwoch besucht sie Monika Böttcher, dann werden beide kreativ. "Wir waren uns beim ersten Kennenlernen sofort sympathisch. Und das Basteln haben wir als Hobby gemeinsam", sagt die 61-Jährige. Nichts lag also näher, als sich gemeinsam für einen Bastelnachmittag zusammenzutun. Seit einigen Jahren engagiert sich Marina Seikel bereits ehrenamtlich. Mal besucht sie eine ältere Dame im Krankenhaus, mal geht sie mit einer anderen Betroffenen spazieren. "Es ist ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden. Die Hilfe ist aber eigentlich beiderseitig", sagt sie. "Denn auch ich komme so in ganz unterschiedliche Gesellschaft, lerne neue Menschen kennen."
Monika Böttcher ist froh über die wöchentlichen Besuche von Marina Seikel. "Ich fühle mich nicht mehr ausgeschlossen. Und das Basteln macht jetzt gemeinsam noch mehr Spaß", sagt sie. KW
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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