Liebe, Leben, Lichtenberg: Ein Wohnzimmer für die Queer-Szene
Lichtenberg. Wer sich als Jugendlicher jenseits der heterosexuellen Mehrheit fühlt, der ist mit seinen Problemen oft auf sich alleine gestellt. Das Café Queer Maggie bietet den ersten öffentlichen Treffpunkt für die Queer-Szene in Lichtenberg.
"Das in Friedrichshain, das war mir nix. Lichtenberg ist cooler", findet der bundesweit begehrte Filmemacher Axel Ranisch. In einer Videobotschaft wirbt er für das Café Queer Maggie, den ersten öffentlichen Treffpunkt für die Queer-Szene in Lichtenberg.
Ranisch ist im Lichtenberger Ortsteil Fennpfuhl aufgewachsen. Für ihn war die Szene der Schwulen und Lesben, die Queer-Szene genannt wird, weit entfernt. Er fühlte sich als Jugendlicher deshalb nicht selten als "kleiner, schwuler Moppel aus dem Plattenbau". Lange Zeit dachte der Regisseur und Schauspieler sogar, "in Lichtenberg gibt es gar keine Homosexualität". "Was hätte ich damals drum gegeben, wenn es ein nettes Café gegeben hätte? Einen Ort, an dem sich Lesben, Schwule und Transgender hätten treffen und austauschen können? Ich wollte einfach mal unter meinesgleichen sein, das hätte mir geholfen!"
Auch deshalb ist Ranisch stolz darauf, die Schirmpatenschaft für das Café Queer Maggie zu übernehmen. Jeden ersten Donnerstag im Monat öffnet das vom Streetworker-Verein Gangway betriebene Café in der Frankfurter Allee 201-205 ganz speziell für die LSBTIQ-Szene, also die Lesbisch-, Schwule-, Bi-, Trans-, Inter- und Queer-Szene. "Unser Café ist offen für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen", sagt die Sozialarbeiterin Ute Evensen. "In Lichtenberg gab es bislang keine Anlaufpunkte für Jugendliche, die sich jenseits der heterosexuellen Mehrheit fühlen", weiß sie. Ein solcher Anlaufpunkt wird gebraucht. Viele Jugendliche bleiben nämlich in ihren Kiezen, fahren nicht nach Friedrichshain oder gar bis nach Schöneberg, wo die Queer-Szene öffentlicher und aktiver ist. "Auch die Lichtenberger Jugendlichen wollen ihr Normalsein im Bezirk selbst genießen", sagt die Sozialarbeiterin. Doch im Alltag ist das laut Evensen oft schwierig. Denn Diskriminierung gibt es überall, auch in Lichtenberg. Vielfach ist noch ein traditionelles und konservatives Familienbild die Norm. Wer mit seinem Aussehen oder Verhalten von der Norm abweicht, sieht sich schon mal Beleidigungen und Pöbeleien ausgesetzt.
Im Café Queer Maggie sollen die jungen Menschen aufatmen können. "Sie können hier einfach ihre Zeit verbringen, sich treffen, gemeinsam kochen oder gemeinsam Fußball gucken. Sie sind dann einfach unter sich", sagt Evensen. Wo beim Fußball-Public-Viewing in einer gewöhnlichen Kneipe schon mal schwulenfeindliche Sprüche geklopft werden, soll das Café Maggie dem oft diskriminierendem Umfeld eine sprüchefreie Zone entgegen stellen. Daneben finden die jungen Heranwachsenden bei den Sozialarbeitern auch Ansprechpartner, wenn sie Probleme im Alltag haben.
"Hier geht es nicht um eine Wahl nach der sexuellen Orientierung, denn diese Wahl ist immer schon entschieden. Aber es gibt gesellschaftliche Zwänge, die das freie Leben eingrenzen können", weiß die Sozialarbeiterin. Viele haben Ängste, wie ihr berufliches und schulisches Umfeld auf die sexuelle Orientierung reagiert, die nicht der Mehrheit entspricht. Wie reagieren Eltern? "Wir helfen, Ängste und Zweifel zu hinterfragen. Denn die sexuelle Orientierung ist keine Mode, es ist kein Lebensstil. Genauso wie Heterosexuelle empfinden es auch Homosexuelle nicht als 'normal', sich gegenüber einem Umfeld outen zu müssen", argumentiert Evensen. Im Café Queer Maggie ist Offenheit und Ungezwungenheit angesagt. "Das bedeutet, dass hier jeder sein ganz normales Leben mitbringen kann."
Lesungen mit bekannten Autoren und Filmvorführungen mit bekannten Filmemachern ergänzen das Angebot. Der nächste Treff im Café Queer Maggie findet am 4. Februar zwischen 14 und 21 Uhr statt. KW
Autor:Karolina Wrobel aus Lichtenberg |
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