Ausstellung versetzt Besucher in die Rolle von KZ-Häftlingen
Gedenkstättenfahrt von Reinickendorfer Schülern wirkt nach

Im abgedunkelten Raum tragen die Schüler ihre Erfahrungen vor. | Foto: Christian Schindler
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  • Im abgedunkelten Raum tragen die Schüler ihre Erfahrungen vor.
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Schüler des Campus Hannah Höch und der Paul-Löbe-Schule eröffneten am 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch sowjetische Soldaten am 27. Januar eine Ausstellung über ihren Besuch in der dortigen Gedenkstätte.

Der Beginn ist nicht gerade angenehm. In lautem Befehlston fordert eine Schülerin die Gäste in der Gemeinschaftsschule Campus Hannah Höch an der Finsterwalder Straße 52 auf, sich in eine Reihe zu stellen. Dann geht es durch zwei Türen in den Mehrzweckraum der Mittelstufe. Davor steht wiederum eine Schülerin, die die Gäste anweist, welche Tür sie zu nehmen haben. Wer nach rechts geht, wird auf die dunkle, noch mit einem Vorhang abgegrenzte Bühne geleitet. Die Passanten der linken Tür finden sich im Zuschauerraum wieder.

Als sich alle im Raum versammelt haben, wird die Frage nach den Gefühlen gestellt. „Unangenehm“ ist eines der Wörter, mit denen Gäste ihren Eindruck beschreiben, „unsicher“ ein anderes. Jedem ist klar, dass hier eine Situation nachgestellt wird, die in Auschwitz vor knapp acht Jahrzehnten für viele Menschen Tod oder vorläufiges Weiterleben unter unmenschlichen Bedingungen brachte. Bei der Selektion der neuen Häftlinge des Konzentrationslagers wurde entschieden, wer sofort ermordet und wer noch eine Weile als Arbeitskraft für die Nationalsozialisten ausgenutzt wurde.

Nie wieder eine Situation
wie die Häftlinge von Auschwitz sie erlebten

Allen – Gästen, Schülern, Lehrern, Sozialarbeitern – ist klar, dass die Situation von Menschen in den Händen eines verbrecherischen Regimes heute in einer Schule in einem demokratischen Rechtsstaat nicht so erlebt werden kann, wie sie die Opfer damals empfanden. Und doch ist dieses Erlebnis so etwas wie ein Stolperstein des Gefühls, ein Anstoß, Mitleid zu empfinden mit den Geschundenen von damals und auch Motivation, dafür zu sorgen, dass Menschen nie wieder in eine Situation kommen wie die Häftlinge von Auschwitz.

Nach dem ungewöhnlichen Einlass beginnt der informative Teil der Ausstellungseröffnung. An einer „Denkwand“ haben die Schüler Eindrücke aus Auschwitz mit Texten und Zeichnungen dargestellt. Die Veranstaltung schließt mit dem Vortrag persönlicher Eindrücke an den Auschwitz-Besuch, vorgelesen im wieder abgedunkelten Raum.

Die Masse an Schuhen war beeindruckend

Im vergangenen Dezember waren 34 Schüler des Campus Hannah Höch und der Paul-Löbe-Schule in Auschwitz. Die Reise wurde in der Freizeit der Schüler vorbereitet mit Treffen mit Zeitzeugen wie der Reinickendorferin Ruth Winkelmann, und mit Workshops. „Dadurch waren wir schon vorgewarnt, was auf uns zukommt“, so die 15-jährige Joleena Woch. Dennoch: „Bei der Ankunft in Auschwitz herrschte schon ein ,komisches Gefühl‘“, sagt Laura Weiß. Die 16-jährige Schülerin erinnert sich besonders an eins: „Diese Masse an Schuhen. Das war sehr beeindruckend. In der Schule hören wir nur die Zahlen. Nachdem wir jetzt gesehen haben, wie groß das alles war, können wir uns das erst wirklich vorstellen.“ Jüngeren Klassen empfehlen die beiden Campus-Schülerinnen mit Blick auf das Projekt: „Auf jeden Fall mitmachen!“

Das Auschwitz-Projekt der Schulsozialarbeit des Trägers Aufwind wurde begleitet von den beiden Künstlern Maxi Hirthe und Clemens Leuschner, die die „performative“ Ausstellungseröffnung entwickelten. Bei all dem Schrecken, über den in Auschwitz informiert wird, haben die Schüler bei der Entwicklung der Ausstellung auch Spaß gehabt, sagt Leuschner. Das Wissen um das Grauen von einst und der Vorsatz, dieses nie wieder geschehen zu lassen, muss die eigene Lebensfreude nicht beeinträchtigen. Eine weitere Schülerin berichtet, dass ihre Mutter Bedenken wegen der Fahrt hatte, wegen der Grausamkeit des Themas. Jetzt sehen Mutter und Tochter das Projekt jedoch als Bereicherung.

Die „Denkwand“ im Mehrzweckraum an der Finsterwalder Straße wird noch eine Weile für die Schüler zu sehen sein, und eventuell auch noch in die Paul-Löbe-Schule wandern.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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