Backsteinbauten als Kulturerbe
Das Bezirksmuseum widmet sich der Architekturgeschichte von Marzahn-Hellersdorf
Als Plattenbaubezirk ist Marzahn-Hellersdorf deutschlandweit bekannt. Dass der Bezirk aber auch architektonisch Abwechslung bietet, zeigt eine neue Ausstellung im Bezirksmuseum. Statt Plattenbauten rückt sie historische Backsteinbauten ins Blickfeld.
Denn in den Dörfer,n aus denen der Bezirk entstand, wurde ab Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts mit Backsteinen gebaut. Ihre Architektur prägt bis heute die erhalten gebliebenen Ortskerne von Alt-Marzahn bis Mahlsdorf. „Wir haben das Europäische Kulturerbejahr als Anlass genommen, diese Seite des Bezirks einmal herauszustellen“, sagt Bezirksmuseumsleiterin Dorothee Iffland.
Bei den Bauten handelt es sich nicht selten um Perlen der Backsteinarchitektur, deren Formvielfalt in dem gleichen Material von der Neo-Gotik bis zur Neuen Sachlichkeit oder dem Bauhausstil reicht. Die Voraussetzung war die industrielle Fertigung von Backsteinen, die mit Beginn der Industrialisierung gegen Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland begann.
Ein Beispiel für eine solche Perle der Backsteinarchitektur ist die Dorfkirche Marzahn. Sie entstand wahrscheinlich nach einem aus dem Jahr 1857 stammenden Entwurf von Friedrich August Stüler (1800-1865). Die am 4. September 1871 eingeweihte Kirche ist ein einschiffiger Saalbau mit Strebepfeilern, spitzbogigen Fenstern, Turm und flachem, eingezogenem Rechteckchor. Als Vorbild könnte die 1346 errichtete Heilig-Geist-Kirche in Teupitz im Landkreis Dahme-Spree gedient haben. Ihre gelben Ziegel stammen aus Herzfelde, heute ein Ortsteil von Rüdersdorf, wo in den 1850er-Jahren Tonvorkommen entdeckt worden waren. Die Kirche ist seit 1985 denkmalgeschützt und wurde von 1978 bis 1989 im Zuge der Rekonstruktion des Dorfes Marzahn saniert.
Die am 2. Juni 1905 eingeweihte neue Schule der Gemeinde Mahlsdorf, heute Schiller-Grundschule, ist der erste moderne Schulbau im Bezirk. Die mit neogotischen Motiven versehene Fassade wird vom Kontrast zwischen verputzten und ziegelsichtigen Elementen geprägt. Der in der Mitte befindliche hervorspringende Gebäudeteil ist mit einem aufwendigen Spitzbogenportal gestaltet und wie die Giebel mit schlanken, spitz zulaufenden Türmchen versehen. Die Fassade weist zudem Schmuckelemente wie Friese und Fensterumrahmungen auf. Ab 1960 gab es erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz. Wegen dadurch entstandener Baumängel musste die Schule Ende der 1980er-Jahre geschlossen werden. 1990 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Zwischen 1995 und 1997 wurde das Bauwerk unter weitgehendem Erhalt der Originalsubstanz umfassend saniert.
Das sind nur zwei von insgesamt 21 Backsteinbauten aus dem Bezirk, die in der Ausstellung gezeigt werden. Diese werden detailreich in rund 100 Fotos vorgestellt. Neben Kirchen und Profanbauten wie Schulen prägen auch zahlreiche verklinkerte Bauernhöfe die alten Ortsbilder, ganz besonders stark in Marzahn und Kaulsdorf. Auch erst in den zurückliegenden Jahren errichtete Bauten wie das Unfallkrankhaus Berlin knüpfen mit ihrem Erscheinungsbild an die traditionelle Backsteinbauweise an.
Ein Vortrag zur Geschichte der Backsteinarchitektur in Berlin und Brandenburg hält am Mittwoch, 12. September, um 18 Uhr im Bezirksmuseum, Haus 1, Alt-Marzahn 51, der Kunsthistoriker und Bauarchäologe Dirk Schumann. Die Ausstellung „Stein auf Stein. Backsteinbauten in Marzahn-Hellersdorf“ ist bis 24. Mai 2019 im Bezirksmuseum zu besichtigen. Öffnungszeiten sind Mo-Fr von 11 bis 17 Uhr.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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