Verschwundene Kirchen
Ausstellung „St. Nirgendwo! Verlorene Gotteshäuser in der Berliner Mitte“ in der Zionskirche

Benedikt Goebel und Volker Hobrack von der Forschungsgruppe „Verlorene Gotteshäuser" beim Ausstellungsaufbau in der Zionskirche vor dem Bild der gesprengten St. Georgenkirche am Alexanderplatz. | Foto: Dirk Jericho
3Bilder
  • Benedikt Goebel und Volker Hobrack von der Forschungsgruppe „Verlorene Gotteshäuser" beim Ausstellungsaufbau in der Zionskirche vor dem Bild der gesprengten St. Georgenkirche am Alexanderplatz.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Gesprengt, zerbombt, verschwunden. Eine Ausstellung in der Zionskirche auf dem Zionskirchplatz zeigt die Geschichte der „Verlorenen Gotteshäuser“.

Wo heute der Verkehr auf breiten Straßen rollt, stand noch vor 70 Jahren eine imposante Kirche. Auf der Kreuzung Karl-Marx-Allee/Otto-Braun-Straße nördlich vom Alexanderplatz, direkt vor dem heutigen Haus des Reisens, ragte damals der Hauptturm der St. Georgenkirche in den Himmel. Das imposante Gotteshaus – 1689 als neue Pfarrkirche für die Georgen-Vorstadt (ab 1701 Königstadt) gebaut – wurde 1894 als dritter Bau im neogotischen Stil errichtet und im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Die DDR ließ die Ruine 1950 sprengen, um Platz für die sozialistische Moderne zu schaffen.

Nichts erinnert heute daran, dass dort, in der Achse der Rathausstraße (der früheren Königsstraße), die riesige St. Georgenkirche stand: keine Bodenmarkierung, keine Infotafel, nichts. Dieses Schicksal ereilte viele Berliner Gotteshäuser, die nach dem Krieg abgerissen wurden. Die Forschungsgruppe „Verlorene Gotteshäuser in der Berliner Mitte“ im Bürgerverein Luisenstadt hat zwischen 2012 und 2015 die Geschichte der verschwundenen Kirchen im Stadtzentrum recherchiert und dokumentiert. Mehr als zwei Dutzend Kirchen und Synagogen wurden abgerissen.

An die ehemaligen Sakralgebäude im Stadtzentrum zwischen Brandenburger Tor im Westen, Torstraße im Norden, Warschauer Brücke im Osten und Halleschem Tor im Süden erinnert gegenwärtig nichts außer einige wenige Kunstwerke und Gedenktafeln. An die Petrikirche soll in Zukunft ein neues Gotteshaus, das House of One, erinnern. Die frühere Bethlehemskirche an der Mauerstraße ist zumindest als Kunstwerk zu erahnen. Die Stahlskulptur in den Originalabmessungen ist 30 Meter hoch und erinnert an das 1737 fertiggestellte, auch Böhmische Kirche genannte Gotteshaus, das 1943 in Schutt und Asche gebombt und 1963 vom Ostberliner Magistrat abgerissen worden war.

Ein Team von 13 Experten der Forschungsgruppe „Verlorene Gotteshäuser“ hat das Schicksal von 24 Kirchen und Synagogen im Stadtkern Berlins, die nicht mehr vorhanden sind und deren Spuren im Stadtbild fast völlig gelöscht sind, erforscht. Nach der ersten Präsentation der Ausstellung „St. Nirgendwo! Verlorene Gotteshäuser in der Berliner Mitte" in der St. Thomas-Kirche am Mariannenplatz im Herbst 2015, wird die Ausstellung vom 15. Juli bis 1. August jetzt in der Zionskirche gezeigt. Auf großformatigen historischen Fotos sieht man die Bauten als Zeugnis einer Jahrhunderte lang gewachsenen geistlichen Metropole. In fotografischen Gegenüberstellungen werden die historischen Orte heute gezeigt. Zu jedem Gotteshaus gibt es Texte zur Geschichte, den Baumeistern, ihrer Bedeutung sowie Berichte über die Kriegszerstörungen und Abrisse. Die Berliner Gotteshäuser waren nicht nur zentrale Versammlungsorte der Stadtgesellschaft, sondern zeugten zugleich auch von der regen Zuwanderung; wie zum Beispiel die Böhmische Kirche, die Französische Klosterkirche, die Anglikanische Kirche oder die Alte Synagoge an der Heidereutergasse.

Mit der Ausstellung wollen die Macher den Orten der ehemaligen Gotteshäuser wieder „ihren gebührenden Platz im kollektiven Gedächtnis der Stadt“ geben. Benedikt Goebel, der das Ausstellungskonzept entwickelt hat, möchte, dass an jede verschwundene Kirche zukünftig in einer Form erinnert wird. „Die Wiederentdeckung Berlins muss mit den wichtigsten Gebäuden beginnen, den Sakralbauten“, sagt er.

Die Ausstellung kann auf der Empore der Zionskirche mittwochs bis sonnabends von 13 bis 18 Uhr sowie sonntags von 12 bis 17 Uhr besichtigt werden.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 287× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 342× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 337× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 194× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 382× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 712× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.