"Als Gedenkort mitdenken"
Kunstinstallation erinnerte auf dem Geländes des Hauses der Statistik an vergessenes jüdisches Altersheim

Holten vergessene Geschichte zurück und stellten sie mitten auf die Straße : Anja Malcharowitz und R.Stein Wexler (rechts).  | Foto:  Ulrike Kiefert
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In der Berolinastraße erinnerte eine Kunstinstallation für einen Tag an ein früheres jüdisches Altersheim. Dem könnte im Zuge des aktuellen Umbaus vom Haus der Statistik dauerhaft ein Denkmal gesetzt werden, hoffen die Initiatoren.

Bunte Teppiche liegen auf der Straße. Stühle reihen sich um eine lange Tafel, die zu Gesprächen einlädt. Es gibt heiße Suppe und Getränke. Weißes Spotlight beleuchtet Stellwände mit Fotos und biografischen Daten. Aus einem Lautsprecher tönen jüdische Namen. Rose Lichtenstein, Juda Salomon, Paul Eckstein. Die einzelnen Parts gehören zur Installation der US-amerikanischen Künstlerin und Stadtplanerin R.Stein Wexler auf der gesperrten Berolinastraße. Quasi als übergroßer Stolperstein sollte sie wenigstens für einen Tag an das jüdische Altersheim in der Gerlachstraße erinnern.

Dessen Reste wurden in den späten 1960er-Jahren abgerissen, um dem Haus der Statistik Platz zu machen. Die Gerlachstraße wurde überbaut. Mit ihr verschwand auch das Altersheim aus dem Gedächtnis der Stadt.

„Niemand kannte das Heim hier, es wurde vergessen“, sagt Anja Malcharowitz vom Vorstand des Nachbarschaftsrats Karl-Marx-Allee, II. Bauabschnitt. „Mit der symbolischen Aktion wollen wir auf diesen Ort aufmerksam machen.“ Anfang der 1930er-Jahre eröffnet, diente das Heim ab November 1942 als Sammelstelle für die „Alterstransporte“ der Nazis. Mindestens 1141 ältere jüdische Berliner wurden damals in das Sammellager gebracht und die meisten von dort nach Theresienstadt abtransportiert.

Ihre Namen und Biografien und die Geschichte des Altersheims hat R.Stein Wexler recherchiert. Im Jüdischen Adressbuch von 1931, in den Arolsen-Archiven des Internationalen Zentrums über NS-Opfer, in Horst Helas „Juden in Mitte“ und in Texten für Stolpersteine Berlin, darunter die Schrift des Politologen Akim Jah über die „Berliner Sammellager im Kontext der „Judendeportationen“ 1941-1945“ wurde sie fündig.

Warum das Erinnerungsprojekt der Künstlerin, unterstützt vom Nachbarschaftsrat und der Mollgenossenschaft, gerade jetzt stattfand, erklären die Initiatoren mit der Sanierung des Komplexes „Haus der Statistik“. Hier wollen fünf Kooperationspartner ein vielseitig nutzbares und modellhaftes Stadtquartier bauen. Mitte September war offizieller Baubeginn.

Die geplante Neugestaltung des Geländes biete Gelegenheit, mit der wenig bekannten Geschichte zu konfrontieren. In der Hoffnung, „dass hier ein Gedenkort mitgedacht wird“, so Anja Malcharowitz vom Nachbarschaftsrat. Auch vom Bezirksamt und den Bezirksverordneten.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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