Interview mit Claus Foerster vom Landesnetzwerk Bürgerengagement
Herr Foerster, was genau ist das Landesnetzwerk Bürgerengagement "aktiv in Berlin"?
Claus Foerster: Das Landesnetzwerk ist eine Vereinigung von derzeit 77 Organisationen, die eine Gemeinsamkeit haben: Sie arbeiten mit ehrenamtlich Engagierten. Dabei decken wir das gesamte Engagement-Spektrum ab. Charme gewinnt das Landesnetzwerk dadurch, dass nicht nur die großen Wohlfahrtsverbände, sondern auch kleine Vereine und Selbsthilfegruppen Mitglied sind.
Während in anderen Bundesländern die Regierungen ihre Landesnetzwerke quasi von oben verordnet haben, ist das Berliner Landesnetzwerk eher eine Basisvertretung. Wir haben uns von unten gebildet, wie man so schön sagt. Dadurch ist unser Landesnetzwerk sehr lebendig und auch ein Stück weit unabhängiger.
Welche Ziele verfolgt das Netzwerk?
Claus Foerster: Unser Zusammenschluss hat zwei Zielsetzungen. Wir wollen für eine bessere Ehrenamtspolitik in unserer Stadt mehr Druck machen und dazu mit einer Stimme sprechen. Das Landesnetzwerk ist außerdem eine Plattform zum Erfahrungsaustausch. Wir setzen bei Mitgliederversammlungen thematische Schwerpunkte und können durch Beispiele aus der Praxis viel voneinander lernen.
Die Mitglieder arbeiten in Arbeitsgruppen. Die AG Aktives Altern liegt Ihnen besonders am Herzen. Warum?
Claus Foerster: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden. Wir richten aber unser - auch politisches - Handeln nicht danach aus. Die Leitlinien des Senats zur Seniorenpolitik müssen weiter entwickelt werden. Wir brauchen einen Masterplan, der Fragen nach dem Wohnungsmarkt, zu Mobilität und Verkehr, zur Gesundheitsversorgung und Altersarmut beantwortet.
Auch sind mehr Jüngere nötig, die sich um Senioren kümmern. Diese Probleme müssen gelöst werden. Das ist nicht nur Aufgabe unserer Verbände, sondern hier müssen alle tätig werden.
Das Landesnetzwerk Bürgerengagement hat sich der Charta zum bürgerschaftlichen Engagement verpflichtet. Was steckt dahinter?
Claus Foerster: In der Charta haben sich rund 150 Organisationen, Medien und Politiker auf Grundzüge der Engagementpolitik geeinigt. So soll zum Beispiel die Beteiligung der Bürger besser gefördert werden. Gleichzeitig ist sie ein Bekenntnis zur demokratischen Gesellschaftsordnung.
"aktiv in berlin" finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Reicht das aus?
Claus Foerster: Ein deutliches Nein ist die Antwort. Wir arbeiten seit 2005 rein ehrenamtlich, brauchen jetzt aber dringend Unterstützung von hauptamtlichen Kräften. Wir haben beim Senat einen Antrag auf Förderung über 100 000 Euro für den nächsten Haushalt gestellt. Diese Zuwendung wäre ein deutliches Zeichen für bürgerschaftliches Engagement durch die Politik.
Welches sind Ihre wichtigsten Forderungen an die Berliner Politik? Wie lässt sich das bürgerschaftliche Engagement weiter stärken?
Claus Foerster: Wir wünschen uns sehr, dass sich der Unterausschuss "Bürgerschaftliches Engagement" im Abgeordnetenhaus endlich konstituiert. Bürgerschaftliches Engagement wird im Abgeordnetenhaus an vielen Stellen diskutiert, mit dem Unterausschuss hätte das Thema einen zentralen Ort. Berlin gibt viel Geld für den Freiwilligensurvey (Survey, übersetzt: Gutachten) aus, es gibt aber keinen Ort zur gemeinsamen Auswertung.
Wächst die Bereitschaft unter den Berlinerinnen und Berlinern zum Engagement oder nicht?
Claus Foerster: Nach dem Freiwilligensurvey engagieren sich eine Million Menschen in der Stadt, eine weitere Million zeigen grundsätzliche Bereitschaft zum Engagement. Allerdings gibt es auch Lebenswelten, in denen Desinteresse herrscht. Das lässt sich auch an der Wahlbeteiligung ablesen.
Herr Foerster, was machen Sie an einem Tag ohne Engagement?
Claus Foerster: Den gibt es eigentlich nicht. In meiner Freizeit organisiere ich den Besucherdienst "Nachbarn helfen Nachbarn". Ältere Menschen sollen möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben. Sie brauchen aber ab und zu eine Begleitung zum Arzt oder zur Behörde und werden unterstützt durch unsere Ehrenamtlichen. Der Einsatz ist nicht auf meinen Heimatbezirk Pankow begrenzt.
Autor:Anett Baron aus Mitte |
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