Polizei schnappt nach monatelanger Observation Rauschgifthändler
Die U-Bahnlinie 8; in Szenekreisen wird sie auch Heroinlinie genannt, weil hier harter Stoff vertickt wird. Die Dealer pendeln zwischen den Bahnhöfen, suchen in den Zügen Blickkontakt zu potenziellen Kunden. Auf dem Bahnhof werden die Heroinkügelchen aus dem Mund verkauft. Der Käufer steckt sie auch gleich in den Mund. Eine große Kugel, ein halbes Gramm, kostet 15 Euro. Zwischen den Bahnhöfen Heinrich-Heine-Straße und Moritzplatz war eine besonders dreiste Truppe unterwegs. Jeden Tag verkauften die geschnappten Libanesen im Alter zwischen 16 und 22 Jahren von vier Uhr morgens bis mittags ihr tödliches Gift. BVG-Mitarbeiter, Fahrgäste und Polizisten wurden bedroht, auch mit dem Messer.
"Die ließen sich durch nichts mehr abschrecken", sagt Polizeisprecher Thomas Neuendorf. Das Problem: Die Dealer schlucken die Heroinkugeln bei Kontrollen herunter, der Handel ist dadurch schwer nachweisbar. Diesmal jedoch haben die Ermittler das Treiben der Jungs via BVG-Überwachungskamera beobachtet und dokumentiert. Beamte des Drogendezernats haben seit August tausende Stunden Videomaterial ausgewertet, Bilder verglichen, Namen ermittelt. Nach intensiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Polizei erließ ein Richter zehn Haftbefehle gegen die Gruppe aus Neukölln, "der bis zu 20 Taten am Tag nachgewiesen werden konnten", so Neuendorf. Acht Dealer wurden bei der U-Bahnhof-Razzia gleich auf dem Bahnsteig verhaftet, ein neunter Beschuldigter bei einer Wohnungsdurchsuchung in Neukölln. Die zehnte Festnahme erfolgte im Amtsgericht Tiergarten. Dort hatte ein Drogendealer gerade einen Termin zu einem Berufungshauptverfahren wegen Drogenhandel, in dem er bereits zu einem Jahr und fünf Monaten Knast verurteilt wurde. Mit dem Schlag gegen die Libanesen-Gruppe will die Polizei ein Zeichen setzen und hofft auf Abschreckung. Auch andere Bahnhöfe der U-Bahnlinie 8 wie Weinmeisterstraße, Rosenthaler Platz, Bernauer Straße oder Voltastraße haben die Drogenfahnder im Visier. Details will die Polizei nicht nennen. "Wir prüfen auch woanders ähnliche Aktionen", sagt der Chef der Polizeipressestelle, Thomas Neuendorf.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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