Von ehrenamtlichem Engagement und der Rückkehr ins Leben
Diese Läufer sind Bewohner des Sucht- und Therapiezentrums "Die Pfalzburger", eine von insgesamt vier Einrichtungen, die der Verein Tannenhof Berlin-Brandenburg in der Hauptstadt betreibt. Auch im Tannenhof in Lichtenrade sowie im Adaptionshaus in Buckow gibt es Laufgruppen, die von Bewohnern, aber auch Ehemaligen sowie Mitarbeitern genutzt werden können. Zurzeit nehmen rund 25 Rehabilitanden allein in Wilmersdorf dieses Angebot wahr. Angeleitet werden zwei dieser Gruppen vom Lauftrainer Thomas Müller. Der 50-Jährige arbeitet ehrenamtlich und kann selbst auf ein bewegtes Leben zurückblicken: 20 Jahre lang war der gebürtige Dortmunder heroinabhängig und saß zudem mehrfach im Gefängnis. Nach mehreren Therapien kam er erst 2004 zum Laufen und absolvierte nur zwölf Monate später seinen ersten Marathon. Nach einem Rückfall 2007 kam er ein Jahr später zunächst als Rehabilitand in den Tannenhof, bevor er Laufgruppentrainer wurde.
"Das Laufen hat mein Leben verändert. Ich fühle mich dabei stimmig und authentisch und nicht mehr entfremdet." Es sei für einen Menschen normal, weil genetisch bedingt, mehrere Kilometer am Tag zu Laufen - es sei nicht normal, acht Stunden auf einem Stuhl zu sitzen und in den Monitor eines Computers zu schauen. "Sucht entwickelt sich auch aus einer Entfremdung heraus, die durch Luxus und übertriebenen Wohlstand, durch zu viele Einflüsse und scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten entstehen kann. Durch das Laufen erlebe ich mich als das, was ich ursprünglich bin."
Müller hat eine Ausbildung zum Fitnesstrainer absolviert und lässt sich zurzeit zum Lauftherapeuten ausbilden. Diese Ausbildung am Deutschen Lauftherapiezentrum in Bad Lippspringe dauert 18 Monate. Im September 2013 wird Müller fertig sein und die bis dato einzige Lauftherapeuten im Tannenhof, Franziska Rück, bei ihrer Arbeit unterstützen.
Bewegung, Essen und Trinken, aber auch Entspannung und Regeneration seien grundlegende Bereiche der Lebensqualität und Gesundheit. Die Verzahnung dieser Bereiche ist ein wesentliches Moment der Lauftherapie. Thomas Müller abschließend: "Ich kann nur an jeden appellieren, das Laufen mal auszuprobieren oder Menschen zum Laufen zu motivieren. Laufen ist wunderbar. Laufen ist, was jeder Einzelne daraus macht."
Unter dem Motto "Berlin läuft clean" haben alle Interessierten, passionierte Läufer, aber auch Rehabilitanden, in den nächsten Tagen die Möglichkeit, sich über die Thematik genauer zu informieren: Den Auftakt macht die Vorführung des Films "I want to run" am Freitag, 28. September, von 19.30 Uhr an in der Pfalzburger Straße 35-38. Am Dienstag, 2. Oktober folgt in der Einrichtung Tannenhof, Mozartstraße 32-36, die Lesung "Lauf zurück ins Leben" von Buchautor Hermann Wenning, der Teile seines Lebens selbst drogenabhängig war und auch im Gefängnis saß. Den Abschluss bildet am Mittwoch, 3. Oktober der "5. Berliner Integrationslauf" über zehn und fünf Kilometer in der Hasenheide von 14 Uhr an. Parallel werden auch Walking und ein Kinderlauf angeboten. Die jeweilige Teilnahme ist kostenfrei.
Damit der Veranstalter die ungefähre Teilnehmerzahl überblicken kann, wird um eine formlose Anmeldung unter laufen@tannenhof.de gebeten. Informationen zu den Zeiten und Treffpunkten für die diversen Läufe gibt es unter www.tannenhof.de.
Autor:Michael Nittel aus Reinickendorf |
Kommentare