Im Denkmal-Kaufhaus wird die Zukunft geplant
Autokonzern Daimler zieht ins ehemalige Warenhaus Jandorf am Weinbergspark

Das sanierte Kaufhaus Jandorf ist jetzt Firmensitz eines Verbundes von BMW und Daimler. Die beiden Autokonzerne steuern dort ihre Mobilitätsdienste. 500 Büroarbeitsplätze sind im einstigen DDR-Modeinstitut entstanden.  | Foto: Dirk Jericho
  • Das sanierte Kaufhaus Jandorf ist jetzt Firmensitz eines Verbundes von BMW und Daimler. Die beiden Autokonzerne steuern dort ihre Mobilitätsdienste. 500 Büroarbeitsplätze sind im einstigen DDR-Modeinstitut entstanden.
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Nach 30 Jahren Leerstand hat das beeindruckende Jugendstilgebäude mit der imposanten Turmhaube an der Brunnen- Ecke Veteranenstraße einen neuen Nutzer. Der Autokonzern Daimler als Mieter entwickelt dort seine Mobilitätsdienste.

Einen Showroom mit Mercedes-Luxuskarossen wird es im repräsentativen Erdgeschoss nicht geben; und auch sonst bleibt die markante Immobilie gegenüber dem Weinbergspark wohl zukünftig für normale Besucher verschlossen. Wie berichtet, hat die Daimler AG vor einem Jahr einen langfristigen Mietvertrag für das einstige „Haus der Mode“ abgeschlossen. Seitdem wurde saniert und gebaut. Jetzt sind die Gerüste weg, die Arbeiten liegen in den letzten Zügen. Die schicke Sandsteinfassade erstrahlt hell, das Dach ist neu gedeckt und moderne Fensterfronten wurden eingebaut.

Daimler hat sich bisher bei Fragen zur Zukunft des berühmten Kaufhauses und späteren DDR-Modeinstituts bedeckt gehalten. Jetzt sagt Michael Kuhn von der Daimler Financial Services AG auf Anfrage der Berliner Woche, wie das Gebäude zukünftig genutzt wird.

In das Baudenkmal ziehen im zweiten Halbjahr etwa 500 Mitarbeiter, die dort die mobile Zukunft steuern. Öffentliche Bereiche sind nicht geplant im neuen Daimler-Bürostandort. Wie Kuhn sagt, wird das Kaufhaus Jandorf „globales Headquarter“ der Kooperation zwischen BMW und Daimler. Die beiden Autokonzerne haben im Februar ihre Mobilitätsdienste in einem Verbund aus fünf Joint Ventures gebündelt. Das sind Reach Now (multimodale Mobilitätsplattform), Share Now (free-floating CarSharing Service), Free Now (Ridehailing), Park Now (vereinfacht das Parken in Parkhäusern und am Straßenrand) und Charge Now (Lösungen zur einfachen und einheitlichen Nutzung öffentlicher Ladesäulen). Weitere Details will Daimler „erst zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben“, so Michael Kuhn.

Cooler Charme für Fashion Week

Das seit Jahrzehnten leerstehende und bis auf die Pfeiler entkernte Warenhaus war seit Jahren beliebter Veranstaltungsort für Messen und Präsentationen. Das Morbide mit den blanken Betonwänden und Stahlträgern und der abgeplatzten Farbe an den Decken hat den coolen Charme ausgemacht. Auch die Edelschneider der Mercedes-Benz Fashion Week haben dort regelmäßig ausgestellt. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel schaute im Bundestagswahlkampf 2017 vorbei, weil die CDU im Erdgeschoss ihr „begehbares Wahlprogramm“ installiert hatte.

Jetzt ist die Zeit der temporären Nutzungen vorbei und für das Haus beginnt eine neue Zukunft. Der Besitzer Jacob Schultz, der den Sitz des früheren DDR-Modeinstituts 1993 von der Treuhand gekauft hat, hatte schon viele Pläne mit dem Gebäude. Ursprünglich wollte der Frankfurter Hotelier das 1904 als „Warenhaus am Weinberg“ bekannt gewordene Kaufhaus zum Hotel oder Konferenzzentrum ausbauen. In einem extra zu Werbezwecken von ihm herausgegebenen Buch zum „Büro- und Geschäftshaus am Weinberg“ ging er noch von einer Fertigstellung der Sanierung 1997 aus.

Geplatzte Ideen

Jacob Schultz hat Mitte der 90er-Jahre mehrere Millionen Euro in die Sanierung des berühmten Warenhauses Jandorf gesteckt und Fassade und Dach im einstigen „Haus der Mode“ restauriert. Aus dem Bürocenter wurde nichts, genauso wenig wie aus einem noblen Shoppingcenter. Die Idee wurde nach dem Bau des Gesundbrunnen-Centers wenige Kilometer weiter nördlich und dem Ladenboom am Alex verworfen. Das Gebäude mit seinem riesigen Lichthof gilt als schwierig für eine andere Nutzung. Es wurde schließlich als Kaufhaus konzipiert. Hotelbetreiber wollen meistens mehr als die maximal möglichen 100 Zimmer.

Noch vor elf Jahren hofften die Vermarkter, dass große Modefirmen und Fashionlabels Interesse an dem einzigartigen Haus mit der passenden Modegeschichte haben, wie die Eigentümer damals der Berliner Woche bei einer Führung sagten. Das Haus liegt strategisch günstig im hippen Mitte unweit der Modemeile am Hackeschen Markt und dem seinerzeit von der Degewo geplanten Outletcenter auf der nördlichen Brunnenstraße in Wedding. Doch aus den Degewo-Plänen wurde nichts, genauso wenig wie aus einem Jandorf-Flagshipstore oder einem Nobel-Lebensmittelladen mit hochwertigen mediterranen Produkten, so eine andere Idee. Jetzt macht Daimler das alte Warenhaus zum Firmenbüro. In den ehrwürdigen Gemäuern wird die Zukunft der Mobilität geplant und gesteuert.

Vom Warenhaus zum Autopalast

Das Haus an der Brunnenstraße wurde 1904 vom Kaufmann Adolf Jandorf nach Plänen der Architekten Lachmann & Zauber erbaut. Jandorf gehörte neben Oscar und Hermann Tietz sowie Georg Wertheim zu den Pionieren, die als erste Einkaufspaläste nach amerikanischem Vorbild errichteten. Das Gebäude wurde in den 20er-Jahren vom Kaufhauskonzern Tietz übernommen und blieb im Zweiten Weltkrieg vor Zerstörungen weitestgehend verschont. 1955 zog das Modeinstitut der DDR an die Brunnenstraße. Bis zur Wende entwarfen dort Schneider den neuesten Schick der Arbeiterklasse. 1989 wurde das „Haus der Mode“, in dem es neben Produktion auch Mode-Vorführungen und Ausstellungen gab, abgewickelt und an die Treuhand übertragen. Jacob Schultz hat Dach und Fassade des Baudenkmals bereits saniert. Unter dem früheren „Haus der Mode“ – zu DDR-Zeiten über die Grenzen Berlins hinaus bekannter Name für das Ex-Kaufhaus – gibt es eine Tiefgarage mit 25 Pkw-Plätzen. Fotos vom Zustand vor der Sanierung vom Mai 2018 gibt es hier.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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