Abgasfrei und leise surrend über die Spree
Das 137 Jahre alte Fahrgastschiff „Kaiser Friedrich“ wird derzeit auf Elektroantrieb umgerüstet

Der historische Dieseldampfer wird derzeit in Genthin auf Elektroantrieb umgerüstet. | Foto:  Julius Dahmen
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  • Der historische Dieseldampfer wird derzeit in Genthin auf Elektroantrieb umgerüstet.
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Die „Kaiser Friedrich“, ein 1886 in den Oderwerken bei Stettin gebauter Doppelschraubendampfer, legt im Sommer nach jahrelanger Liegezeit wieder ab.

Wenn Berlins ältester Ausflugskahn voraussichtlich im August auf Jungfernfahrt geht, qualmen keine schwarzen Rußwolken aus dem markanten Schornstein des einstigen Dieseldampfers. Das 30 Meter lange und etwa 100 Tonnen schwere Fahrgastschiff „Kaiser Friedrich“ wird mit einem leisen Surren durch das Wasser gleiten. Die neuen Eigner lassen den historischen Dampfer derzeit bei der Schiffbau- und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde (S.E.T) in Genthin auf Elektroantrieb umrüsten. Die alten Dampfmotoren kommen raus und zwei flüssiggekühlte Deep Blue 50i Permanent-Magnet-Synchronmotoren rein. Als Energiespeicher bekommt die „Kaiser Friedrich“ Deep Blue Lithium-Ionen-Hochvoltbatterien mit einer Gesamtleistung von 400 Kilowattstunden.

Julius Dahmen von der Reederei „Berliner Welle“ wollte das historische Schiff schon länger retten, wie er erzählt. Das 137 Jahre alte Fahrgastschiff lag seit zehn Jahren im Landwehrkanal an der Schleuseninsel im Tiergarten auf Grund. Im vergangenen Jahr hat Dahmen das Schiff gemeinsam mit seinem Partner Volker Marhold vom Deutschen Technikmuseum gekauft und im Oktober 2022 zwei Tage lang mit einem Schlepper über Spree und Havel in die Genthiner Werft geschleppt. Der teure Umbau auf Elektroantrieb ist nur mit einer Förderung vom Bund möglich.

Die neuen Besitzer des Dampfers haben Erfahrung mit dem Umbau historischer Schiffe auf Elektroantrieb. Auch die „Golda“, das mit 23 Metern Länge bald zweitgrößte Partyschiff in der Flotte, hat die Reederei „Berliner Welle“ 2021 auf Elektroantrieb umgestellt. Dahmens Partner Volker Marhold ist selbst Elektroingenieur und baut das Torqeedo Deep Blue Hochleistungs-Antriebssystem selbst mit ein.

Die neuen Eigner der alten "Kaiser Friedrich": Volker Marhold (links) und Julius Dahmen. | Foto: Julius Dahmen
  • Die neuen Eigner der alten "Kaiser Friedrich": Volker Marhold (links) und Julius Dahmen.
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Im Juli soll die fertige „Kaiser Friedrich“ im Historischen Hafen, dem Liegeplatz der „Berliner Welle“, ankommen. „Im August ist Jungfernfahrt“, sagt Kapitän Julius Dahmen. Der reguläre Linienbetrieb mit Rundfahrten soll 2024 starten. 150 Fahrgäste können auf dem restaurierten Schiff dann fast geräuschlos durch die Stadt gleiten. „Wir suchen noch geeignete Anlegestellen im Zentrum“, sagt Dahmen.

Das neue Elektroschiff ist in den Berliner Gewässern eine Seltenheit. Auch der Senat will mit einem Förderprogramm Reedereien bei der Umstellung ihrer Flotten „auf saubere und klimafreundliche Fahrgastschiffe“ unterstützen. Bis Ende 2023 stehen dafür 900 000 Euro bereit. Doch die Nachfrage ist gering. Denn Umrüstungen kosten viel Geld – trotz der Förderung mit bis zu 80 Prozent der Kosten.

Reeder Julius Dahmen will nichts Genaues zu den Umbaukosten und Bundesförderungen sagen. Die Elektrifizierung der alten „Kaiser Friedrich“ koste einen sechsstelligen Betrag. Die Umrüstung auf E-Antrieb scheint sich dennoch zu rechnen. Der Dieseldampfer hat früher 200 Liter Diesel pro Stunde verbrannt. „Ökologisch und wirtschaftlich katastrophal“, so Dahmen. Branchenführer Stern und Kreis, Berlins mit Abstand größte Reederei, lässt derzeit ebenfalls vier mittlere Ausflugsschiffe auf kompletten Elektroantrieb umbauen.

Ausflugsdampfer und Wohnschiff

Die „Kaiser Friedrich“ wurde 1886 als Doppelschraubendampfer für die „Spree-Havel-Dampfschiffahrt-Gesellschaft Stern“ in den Oderwerken bei Stettin gebaut. Danach war sie fast 80 Jahre lang als Fahrgastschiff in Berlin unterwegs. 1967 wurde das Schiff stillgelegt und später als Wohn- und Büroschiff genutzt.

Das damalige Museum für Verkehr und Technik, heute Deutsches Technikmuseum, hat 1986 den ehemaligen Personendampfer gekauft. „Ziel war es, dem Dampfer seine ursprüngliche Erscheinungsform zurückzugeben und ihn wieder in Fahrt zu bringen“, so Technikmusem-Sprecherin Tiziana Zugaro. Dazu wurde das Schiff fast bis zur Wasserlinie heruntergebaut, konstruktive Teile erneuert und zwei baugleiche historische, allerdings stationäre Dampfmaschinen eingebaut.

Von 1997 bis 2009 war die „Kaiser Friedrich“ mit dem Schriftzug „Deutsches Technikmuseum“ in Berlin unterwegs und fuhr in der Flotte der Stern und Kreisschiffahrt vor allem historische Stadtrundfahrten ab dem Nikolaiviertel. „Doch der Fahrbetrieb wurde aufgrund des erhöhten Personalaufwandes und der großen Menge Diesel immer unwirtschaftlicher und war bald auch ökologisch nicht mehr tragbar“, sagt Zugaro. 2011 und 2012 lag das Schiff mit Café-Betrieb am Rand von Berlin und fuhr keine Stadtfahrten mehr. 2012 nahm das Museum das Schiff wieder zu sich und suchte einen neuen Betreiber, der das Schiff in Fahrt bringt. 2022 hat die Reederei „Berliner Welle“ den Dampfer gekauft.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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