Richtig die Sau rauslassen: Axel Penndorf züchtet glückliche Schweine
Mitte. Gummistiefel statt Businessanzug. Axel Penndorf hat 2015 mit Clemens Stromeyer den Potsdamer Sauenhain gegründet. Vorher saßen die Arbeitskollegen in einem schicken Büro am Ku'damm. Bis sie aufs Schwein gekommen sind.
So ein genüssliches Quieken und Grunzen. Ferkel rennen der Mama hinterher, bis die es sich unter einem Apfelbaum bequem macht und die Racker an die Zitzen lässt. Eber Siggi auf der Weide gegenüber pirscht sich an eine Dame heran und beschnüffelt mit seiner Schnauze das Hinterteil der Sau. Die quiekt ohrenbetäubend und suhlt sich im Matsch.
Du musst ein Schwein sein in dieser Welt. Zumindest hier im Norden Potsdams, gleich hinter dem stillgelegten Bahnhof Grube. Ein alter Betonweg führt zum Potsdamer Sauenhain, wie das Paradies für die Borstentiere heißt. Hinter dem Zaun stiefelt Axel Penndorf durch die Anlage und kippt Schrot von benachbarten Bauern in die Tröge. Hier, auf einer zehn Hektar großen, früheren Apfelbaumplantage der LPG, füttern die Chefs noch selber. Ach was, Axel Penndorf und sein Partner Clemens Stromeyer machen alles selber – vom Zaun- und Hüttenbauen bis zum Transport der Schweine zum Schlachter und Einpacken der Fleischboxen für den Verkauf.
Raus aus dem Hamsterrad
Irgendwann im Sommer 2014 wurde aus dem Büromenschen Penndorf der Bauer Penndorf. Vielleicht hatte er als Geograf, der den ganzen Tag Satellitenfotos auswertete und Geodaten verkaufte, den richtigen Draufblick auf die Welt. Auf das große Ganze. Den ganzen Tag im Büro? Zwischendurch durch die Welt fliegen, stundenlang eingeklemmt in der Economy-Class? „Wir wollten da raus“, sagt Penndorf. Raus. Das wars. Nicht in ein anderes Büro, nicht „ins nächste Hamsterrad, sondern raus in die Natur“, so der 46-Jährige. Gemeinsam mit seinem Bürokollegen und Freund Clemens Stromeyer kam er dann auf die Idee mit den Schweinen. Weil sie selbst gern gutes Fleisch essen und nichts Vernünftiges fanden.
Penndorf, gebürtiger Münchner, und Stromeyer, ein Potsdamer, hatten keine Ahnung von Schweinezucht und -haltung. Was man wissen muss und braucht für eine besonders artgerechte Tierhaltung auf der Weide haben die beiden gelernt. Vor allem bei dem zweimonatigen Praktikum bei einem Brandenburger Freilandbauern gab es erstklassiges Schweine-Knowhow.
Eber Siggi sorgt für Nachwuchs
Nachdem sie ihren Bürojob an den Nagel gehängt und rund knapp 80 000 Euro investiert haben, haben sie 2015 die erste Sau rausgelassen. Mittlerweile suhlen sich ganzjährig 120 Schweine auf der alten Apfelbaumplantage. Eber Siggi, ein Bunter Bentheimer, sorgt dafür, dass die zehn Sauen zwei mal im Jahr unter den Obstbäumen abferkeln. Die Jungtiere verbringen dann etwa ein Jahr auf den angrenzenden Feldern und Plantagen, bevor sie geschlachtet werden. Die Schweine sind 356 Tage im Jahr draußen, schlafen in kleinen Hütten und bekommen regionales Futter von umliegenden Bauern und Betrieben. Etwa zehn Tiere bringen Penndorf und Stromeyer derzeit monatlich zum Schlachter in eine kleine Landmetzgerei nach Bad Belzig. Je nachdem, wie viele Bestellungen über die Internetseite eingegangen sind. Verarbeitet wird das ganze Tier. Das Kilogramm wertvolles Schweinefleisch kostet 19 Euro und wird in Berlin und Umland persönlich geliefert. Die Fleisch- und Wurstpakete vom Potsdamer Sauenhain eignen sich auch als Weihnachtsgeschenk. Im Onlineshop kann man einen „GutSchwein“ kaufen, wie die Bauern die Gutscheine für „Menschen mit Geschmack“ nennen. DJ
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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