Verfall statt Wohnungen
Perleberger Straße 50 steht seit über einem Jahrzehnt leer

Achtzig Menschen hätten hier Platz zum Wohnen, rechnen Kritiker des Leerstands vor. | Foto: KEN
  • Achtzig Menschen hätten hier Platz zum Wohnen, rechnen Kritiker des Leerstands vor.
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„Leider gibt es keinen neuen Sachstand im Fall Perleberger Straße 50“, teilt Laura Sander von der Pressestelle des Bezirksamts auf Anfrage mit. Die Perleberger Straße 50 ist ein Wohnensemble aus der Gründerzeit. Seit mehr als einem Jahrzehnt steht das Gebäude mit Vorder- und Hinterhaus und Seitenflügel leer.

Nur eine Motorradwerkstatt hielt zuletzt noch die Stellung. 2019 ist auch sie ausgezogen. Der Putz an der Straßenfront ist mal abgeschlagen worden, so als würde eine Sanierung beginnen. „80 Wohnungssuchende könnten hier ein Dach über dem Kopf erhalten“, meint man bei „Wem gehört Berlin“. Die Initiative aus dem Wedding engagiert sich in letzter Zeit verstärkt in Moabit. Man würde dort auf der Stelle treten, konstatiert Birgit Leiß vom Berliner Mieterverein für die Perleberger Straße 50.

Im Dezember 2013 ist das Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz in Kraft getreten. Es ermöglicht den Bezirken, leerstehende Wohnungen wieder Wohnzwecken zuzuführen. Doch Fehlanzeige im Moabiter Fall. Bei der „Problemimmobilie“ Perleberger Straße sei beispielsweise kein Bußgeld verhängt, keine sogenannte Ersatzvornahme vorgenommen und auch kein Treuhänder eingesetzt worden, kritisiert „Wem gehört Moabit“. In Berlin hat bisher überhaupt nur der Bezirk Pankow einen Treuhänder eingesetzt.

2018 von der Polizei beschlagnahmt

Für Zweckentfremdungen im Bezirk Mitte ist Ramona Reiser (Linke) zuständig. Die Stadträtin für Jugend, Familie und Bürgerdienste wertet den Zustand der Perleberger Straße 50 wie schon ihre Vorgängerin Sandra Obermeyer (Linke) als sehr schlecht und zweifelt an, ob noch schützenswerter Wohnraum im Sinne des Gesetzes vorliege. Zum Einsetzen eines Treuhänders sagt sie: „Erst wenn alle Zwangsmittel ausgeschöpft sind, könnte die Treuhänderregelung in Anschlag gebracht werden.“ Mittes Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung, Frank Bertermann (Grüne), äußert Grundsätzliches zur Treuhänderregelung: „Wie so oft im Leben ist es nicht so einfach. Auch in diesen Verfahren sind die Grundsätze des Rechtsstaates einzuhalten, was die Umsetzung leider erschwert und verlängert.“

Die „Problemimmobilie“ Perleberger Straße 50 hat inzwischen noch ein weiteres Problem: Das Haus gehört zu den 77 Immoblien, die Mitte Juli 2018 im Zuge der Ermittlungen der Berliner Polizei gegen die Clan-Kriminalität beschlagnahmt worden sind. Die Öffentlichkeit im Bezirk erfuhr davon erst ein knappes Jahr später. Seit der Beschlagnahmung ruhen die Bemühungen des Bezirks. Aufgrund der staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen könne das Bezirksamt kein zweckentfremdungsrechtliches Verfahren führen, so Ramona Reiser. Das Gebäude sei „streitbefangen“, die Eigentumslage ungeklärt.

Allerdings ist Berlins Staatssekretär für Wohnen, Sebastian Scheel (Linke), anderer Meinung. In seiner Antwort aus dem Vorjahr auf eine Frage zur Perleberger Straße 50 von Marc Urbatsch (Grüne), der bis 2019 im Abgeordnetenhaus saß, sagte Scheel: „Grundsätzlich stehen die Vorschriften der Strafprozessordnung zur Beschlagnahme einer Immobilie einer Vermietung etwaiger leerstehender Wohnungen nicht entgegen.“

„Wem gehört Moabit“ fordert jetzt vom Bezirk, zumindest Sicherungsmaßnahmen am Haus vorzunehmen, damit es durch undichte Dächer und offene Fenster nicht noch weiter verfällt.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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