Auch im Bezirk Mitte hinterließ der Designer und Architekt Peter Behrens seine Spuren

Eine neue Formensprache in der Industriearchitektur: das ehemalige AEG-Turbinenwerk an Hutten- und Berlichingenstraße. | Foto: KEN
2Bilder
  • Eine neue Formensprache in der Industriearchitektur: das ehemalige AEG-Turbinenwerk an Hutten- und Berlichingenstraße.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Moabit birgt zwei Ikonen des klassisch-modernen Designs. Ihr Schöpfer aber hat nicht einmal mehr ein Grab in Berlin.

In der Reihe „Kiezkompass“ widmet sich diese Ausgabe Peter Behrens, seiner Turbinenhalle in der Huttenstraße und seinem Schriftzug an einem bedeutenden Gebäude deutscher Geschichte. Peter Behrens wird als Sohn eines holsteinischen Gutsbesitzers 1868 in Hamburg geboren. Früh ist der Vollwaise, erbt aber ein Vermögen, dass ihm erlaubt, seinen Neigungen nachzugehen. Er studiert Malerei in Karlsruhe, Düsseldorf und München. Er heiratet Elisabeth (Lilli) Krämer (1890-1947). Die beiden bekommen zwei Söhne und eine Tochter.

Vor der Jahrhundertwende gehört Peter Behrens zu den Mitbegründern der Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk. Das Künstlerunternehmen in München und Bremen produziert Inneneinrichtungen in Einzelanfertigung oder Kleinserie. Als – autodidaktischer – Architekt tritt Behrens 1899 in Erscheinung. Die Berufung in die Künstlerkolonie auf der Darmstädter Mathildenhöhe durch den hessischen Großherzog ist der Beginn einer beispiellosen Karriere, die tragisch enden wird. Doch zunächst ist Peter Behrens auf Erfolgskurs: „Haus Behrens“ in Darmstadt als Teil der Ausstellung „Ein Dokument deutscher Kunst“, 1903 Direktor der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und gefragter Architekt und dann ab 1907 künstlerischer Beirat der AEG. Damit beginnt Peter Behrens’ bedeutendste Zeit als Designer.

Für Emil Rathenau (1838-1915), Chef der „„Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft“ in Berlin, damals Deutschlands größter Elektrokonzern, entwirft er in seinem Atelier in Potsdam-Neubabelsberg die Sparbogenlampe, elektrische Wasser- und Teekocher, Ventilatoren und zwischen 1908 und 1909 die Turbinenhalle an Hutten- und Berlichingenstraße: „ein Meilenstein in der Architekturgeschichte“ (Kunsthistoriker Matthias Pabsch), „einer der innovativsten Bauten um 1910“ (Martin Wörner im Architekturführer Berlin), – in der Wirkung ein antiker Tempel, technisch eine hochmoderne Tragwerkkonstruktion. Die Halle wird von sogenannten Dreigelenkbögen getragen, dazwischen viel Glas. Peter Behrens hat eine neue Formensprache der Industriearchitektur erfunden. Sie ist weit weg von der bisher üblichen Bauweise der „Fabrikschlösser“.

Peter Behrens, der Universalgestalter, entwickelt auch neue Schrifttypen. Berühmt wird die „Behrensschrift“, eine dekorative Antiqua. Sein berühmtestes Werk als Typograf ist aber der Schriftzug „Dem deutschen Volke“ am Reichstagsgebäude. Behrens gestaltete ihn gemeinsam mit der Kalligrafin und Typografin Anna Simons (1871-1951) als „Kapital-Unzial-Fraktur-Bastarda“, wie ihn der Historiker Peter Rück gedeutet hat. 1916 wurden die 60 Zentimeter hohen Lettern angebracht. Für ihre Herstellung wurden zwei erbeutete Kanonen aus den Befreiungskriegen gegen Frankreich 1813 bis 1815 eingeschmolzen.

Nach einem „letzten Karrierehöhepunkt“, dem Alexander- und Berolinahaus am Alexanderplatz, errichtet zwischen 1930 und 1932, so Kunsthistoriker Pabsch, bleiben die Aufträge aus. Da helfen auch nicht die Berufungen als Vizepräsident des Österreichischen Werkbundes in Wien 1934, als Leiter eines Meisterateliers für Baukunst an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin zwei Jahre später oder 1938 der Auftrag, die AEG-Hauptverwaltung in Speers Hauptstadt „Germania“ zu entwerfen. Behrens stirbt kurz vor seinem 72. Geburtstag, am 27. Februar 1940 in Berlin. Noch einmal der Kunsthistoriker Matthias Pabsch: „Weil sich 1962 niemand findet, der bereit wäre, eine Nutzungsverlängerung für das Urnengrab dieser für die Design- und Architekturgeschichte zentralen Persönlichkeit zu beantragen, lässt sich seine Asche heute nicht mehr genau lokalisieren.“ Eine neue Formensprache in der Industriearchitektur: das ehemalige AEG-Turbinenwerk an Hutten- und Berlichingenstraße.

Eine neue Formensprache in der Industriearchitektur: das ehemalige AEG-Turbinenwerk an Hutten- und Berlichingenstraße. | Foto: KEN
Dem deutschen Volke: Aus erbeuteten Kanonen gegossen. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 161× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 936× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 599× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.095× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.983× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.