"Wir müssen Druck machen"
Anwohner wollen Tempo 30 auf der Perleberger Straße

Engagiert fürs Tempolimit: Thomas Büttner und Jonas Maier (rechts). Philipp Proff war beim ersten Treffen nicht dabei. | Foto:  Ulrike Kiefert
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Anwohner wollen auf der Perleberger Straße Tempo 30 und haben eine Petition gestartet. Ihr Ziel: „Mehr Raum für Menschen statt für Autos“.

„Krass laut“, viel Feinstaub und wenig attraktiv für Fußgänger – Jonas Maier und Philipp Proff sind sich einig: Die Perleberger Straße muss sich ändern. Darum haben die beiden Studenten eine Anwohnerinitiative gegründet und auch schon erste Mitstreiter gefunden. Ehrgeiziges Ziel: Die Hauptverkehrsstraße soll möglichst durchgängig auf Tempo 30 entschleunigen. „Es ist im Sinne des Berliner Mobilitätsgesetzes für uns nicht verständlich, weshalb der motorisierte Individualverkehr in der Perleberger Straße eine vorherrschende Rolle hat“, erklären die beiden. Außerdem gebe es für Fußgänger viel zu wenig Platz. „Es fehlen Bänke, Verweilmöglichkeiten und Grün“, so Jonas Maier.

Deshalb hatten die zwei Initiatoren zunächst die Idee, Parklets für die Perleberger Straße zu beantragen. Doch die werden nur in Straßen mit Tempo 30 gefördert. Auf der gut eineinhalb Kilometer langen Perleberger gilt aber 50. Um das Tempolimit durchzusetzen, gründeten sie die Anwohnerinitiative und starteten eine Petition. Ihr Hauptargument ist die Lärmbelastung, die laut Lärmkarte Berlin auf der Perleberger tagsüber bei über 65 Dezibel und nachts bei 55 bis 60 Dezibel liegen soll und damit den zulässigen Lärmpegel überschreitet. Bei einem ersten Treffen im April suchten die Initiatoren nach Mitstreitern, rund 30 Anwohner folgten der Einladung. Prominierter Gast war Stefan Lehmkühler von Changing Cities, der mit seiner Expertise weiterhalf. Unterstützt wird die neue Initiative auch vom Projekt „Quartier Moabit-Ost aktiv gegen Klimawandel“. Stellvertretend war Thomas Büttner bei dem Treffen dabei, ebenso wie der Grünen-Abgeordnete Taylan Kurt, der in Moabit seinen Wahlkreis hat. „Wir müssen Druck machen, vor allem bei Politikern, und Strategien finden“, so Maier.

Gegenargumente entschärfen

Vor allem aber braucht es gute Argumente, um die Verkehrsplaner in der Senatsverwaltung zu überzeugen. Denn Stefan Lehmkühler stellte klar: „Die Wahrscheinlichkeit, dass hier Tempo 30 umgesetzt wird, ist gering. Es sei denn, Ihr bewegt Euch.“ Will heißen, Gegenargumente entschärfen. Zum Beispiel, dass Tempo 30 keine Staus verursache, wie es Daten für andere Hauptverkehrsadern belegten, so Lehmkühler. Etwa für die Leipziger Straße, die Landsberger Allee und die Kantstraße. Viel wichtiger seien die Grünphasen der Ampeln. Wenn der Verkehr flüssig bleibt, Autos also nicht vor jeder Ampel stoppen und wieder anfahren müssen, sorge das Tempolimit auch für weniger Schadstoffaustoß. Wobei dieser positive Effekt in der Perleberger Straße mit ihren vielen Ölheizungen und Öfen in den Wohnungen eher verpuffen dürfte. „Das ist kein Argument für Euch“, so Lehmkühler.

Hinzu kommt, dass auf der Straße die Buslinie M27 fährt und die BVG darum gegen das Tempolimit argumentieren dürfte. „Es sei denn, Ihr schlagt Buskaps vor, dann habt Ihr die BVG auf Eurer Seite.“ Denn die Busse könnten so nicht mehr überholt werden und stünden daher nicht im Stau. Weitere Argumente für das Tempolimit: Zwischen 2018 und 2022 gab es auf der Perleberger 24 Unfälle, und in der Nachbarschaft liegen viele Schulen und Kitas. Auch gäbe es genügend Platz für blau-grüne Infrastruktur und breite Radwege, ohne den Verkehr zu stark auszubremsen. Anwohner müssten laut Lehmkühler aber damit rechnen, dass bei einem gedrosselten Tempo Verkehr auf die Nebenstraßen ausweicht.

Wie geht es jetzt weiter? Die Anwohner-Initiative will sich regelmäßig treffen und die nächsten Schritte planen. Die Petition läuft auf https://bwurl.de/195q weiter, die Unterschriften sollen dann der Senatsmobilitätsverwaltung übergeben werden. Laut Taylan Kurt, der die Verwaltung angeschrieben hatte, sei der Anwohnerwunsch dort bekannt und soll im Zuge einer stadtweiten Untersuchung für weitere Tempo-30-Anordnungen geprüft werden. Hinter sich haben die Anwohner auch Mittes Verkehrsstadträtin Almut Neumann (Grüne). „Wir können uns Tempo 30 hier gut vorstellen“, sagte sie bei einem Kiezspaziergang durch Moabit-Ost. „Wir schreiben immer wieder drängende Mails an die Senatsverwaltung.“ Auch für die baumlose Lübecker Straße, die langfristig zur Klimastraße werden soll.

Und was sagt der Koalitionsvertrag von CDU und SPD? Dort heißt es zum Thema Mobilität und Verkehr: „Grundsätzlich gilt auf Nebenstraßen Tempo 30 und dort, wo gesundheitsgefährdende Grenzwerte von Lärm und Stickoxiden überschritten sind und dort, wo es die Verkehrssicherheit gebietet.“

Kontakt zur Anwohner-Initiative per Mail an philipp.proff@gmx.de.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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