Bezirksverordnete beschließen: Werner Seelenbinders Grabstätte soll sichtbarer werden
Neukölln. Das gesamte Stadion an der Oderstraße 182 trägt seinen Namen, doch nach seinem Grab muss der Besucher suchen. Nun soll die Ruhestätte des Sportlers Werner Seelenbinder sichtbarer werden. Das haben die Bezirksverordneten bei ihrer Sitzung am 19. Juli einstimmig beschlossen.
Damit folgten alle Fraktionen einem Antrag der Linken. Die Grabstätte liegt ein wenig versteckt am Weg zum Tasmania-Vereinsgebäude. Vorgesehen ist, die hohe Hecke zu stutzen, die die Grabstätte vor Blicken abschirmt. Außerdem soll eine Tafel aufgestellt werden, die über den Lebensweg und die politische Arbeit von Werner Seelenbinder informiert.
Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, am 29. Juli 1945, wurde die Urne des Ringers hier beigesetzt. Gleichzeitig erhielt das bis dahin unbenannte Stadion der Sportstätte den Namen „Werner-Seelenbinder-Kampfbahn“. Doch schon wenig später tat sich der Graben zwischen den Siegermächten auf und gipfelte in der Berlin-Blockade und der Luftbrücke. An den Kommunisten Seelenbinder mochte sich in West-Berlin kaum noch jemand erinnern; die Behörden verwendeten ab 1948/49 nur noch die Bezeichnung „Stadion Neukölln“.
Erst am 24. Oktober 2004, seinem 60. Todestag, wurde die Anlage auf „Werner-Seelenbinder-Sportpark“ getauft. Die Anregung dazu hatte die damalige Baustadträtin und stellvertretende Bürgermeisterin Stefanie Vogelsang (CDU) gegeben, nur die FDP trug damals die Entscheidung nicht mit.
Werner Seelenbinder stammte aus einfachen Verhältnissen. Als Fünfjähriger kam er 1909 mit seinen Eltern aus Stettin nach Berlin. Schon früh entdeckte er seine Liebe zum Ringen. Um 1920 wurde er Mitglied des Sportclubs „Berolina 03“ Neukölln. Der gehörte zu den sogenannten Arbeitersportvereinen, die sich gegen den damals bürgerlich-nationalistisch Deutschen Turnerbund abgrenzten. Seelenbinder holte viele Berliner Meistertitel – vom Federgewicht bis zum Halbschwergewicht.
Als einziger deutscher Arbeitersportler gewann er 1928 bei der Spartakiade in Moskau seinen Wettbewerb. Nach seiner Rückkehr trat er der KPD bei und arbeitete fortan an der Herstellung und Verbreitung von politischen Informationsmaterialien.
Doch 1933 übernahmen die Nazis die Macht und verboten die Arbeitersportvereine. Seelenbinder wurde Mitglied der „Sportvereinigung Ost Berlin“ und gewann im August seinen ersten von sechs deutschen Meistertiteln. Bei der Siegerehrung verweigerte er den Hitlergruß. Er wurde von der Gestapo verhaftet, eine Zeitlang im berüchtigten Columbia-Haus festgehalten und danach für ein Jahr gesperrt. Als er sich für die Olympischen Spiele 1936 qualifizierte, entwickelte Werner Seelenbinder in Absprache mit der KPD einen Plan: Diese Siegerehrung wollte er zu einer öffentlichen Rede gegen die faschistischen Machthaber nutzen.
Doch er verlor schon seinen ersten Kampf – entmutigt, weil er von der Verhaftung einiger Genossen erfahren hatte. Seelenbinder landete auf dem vierten Platz. Aus der politischen Aktion wurde nichts.
Wenig später schloss er sich der kommunistischen Widerstandsgruppe um Robert Uhrig und Alfred Kowalke an. Die wurde 1942 von der Gestapo zerschlagen, Werner Seelenbinder festgenommen. Es folgten mehr als zwei Jahre qualvolle Haft, bis er vom Volksgerichtshof in Potsdam zum Tode verurteilt wurde. Er starb mit nur 40 Jahren am 24. Oktober 1944 unter dem Fallbeil.
Übrigens gibt es im Bezirk noch eine weitere Erinnerung an den Sportler: An der Konrad-Agahd-Schule, Thomasstraße 39, wurde bereits 1992 eine Berliner Gedenktafel angebracht. Seelenbinder trainierte hier bei seinem Verein SC Berolina 03. sus
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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