Italienische Handwerkskunst aus Schöneweide
Als „Mosaizistas“ fertigen zwei Berlinerinnen in ihrem kleinen Atelier Mosaike an
Mit einem Hammer schlägt Franziska Schock Gestein und Glas konzentriert in kleine Stücke. Währenddessen trägt Paulina von Halle einen eigens angerührten Klebstoff auf Papier auf, um die Stückchen anschließend zu einem Muster zusammenzufügen. In ihrem Atelier in der Hasselwerderstraße 22a fertigen die beiden Frauen Mosaikkunst an.
Nicht viele Menschen in Deutschland beherrschen dieses Kunsthandwerk. Dabei sind die fertigen Werke schön anzusehen. Ein Beispiel ist das bunte Werk „Die Entwicklungsgeschichte der Rüsseltiere“ von Ortraud Lerch (1939-2013) im Berliner Tierpark, das auch Franziska Schock bereits als Kind fasziniert hat. „Mir ist wichtig, dass Kunst ästhetisch ist und die Menschen beglückt“, sagt sie. Eine Besonderheit von Mosaiken sieht sie darin, dass diese eine unterschiedliche Wirkung entfalten, abhängig davon, ob sie von Nahem oder weiter entfernt betrachtet werden. Auch die Tageszeit und die Art des Lichts spielen eine Rolle. „Am liebsten mag ich den Überraschungseffekt“, ergänzt Paulina von Halle, die nach eigener Aussage als 13-Jährige erstmal mit Mosaiken in Kontakt kam.
Kennengelernt haben sich die beiden Berlinerinnen während ihrer Ausbildung zur Mosaikbildnerin an der „Scuola Mosaicisti del Friuli“ in Spilimbergo in Italien. Franziska Schock (42) war dort von 2001 bis 2004, Paulina von Halle (39) von 2003 bis 2006. Beide sprechen seitdem fließend Italienisch. Der Kontakt zwischen ihnen ist seit damals nie abgebrochen, obwohl sich ihre Wege in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten getrennt haben.
Paulina von Halle arbeitete zwischenzeitlich in der Berliner Mosaikwerkstatt „Cosmomusivo“, die sich heute am Moritzplatz in Kreuzberg befindet. Später studierte sie unter anderem Kunst an der Universität der Künste und Rehabilitationswissenschaften an der Humboldt-Universität. Franziska Schock arbeitete ebenfalls bei „Cosmomusivo“. Sie zog später auf die dänische Ostseeinsel Bornholm, war dort als selbstständige Mosaikbildnerin tätig. Nach ihrer Berlin-Rückkehr arbeitete sie zuletzt sieben Jahre lang als Erzieherin. Dann schlossen sie die beiden Freundinnen anfangs dieses Jahres zusammen, um sich als Künstlerkollektiv „Mosaizistas“ selbstständig zu machen.
Der Nutzungsvertrag für ihr Atelier in Niederschöneweide, wo sie sich Mitte Januar eingerichtet haben, läuft zunächst ein Jahr. In dem kleinen Raum fertigen die beiden vor allem Auftragsarbeiten an. Mosaike werden unter anderem für die Verschönerung von Fassaden, Terrassen und Balkonen, als Umrandungen für Beete und Brunnen gewünscht. Auch in Schwimmbädern sind sie gefragt. Aufgrund ihrer Robustheit können sich auch in den Beckenboden integriert werden. Zu ihren potenziellen Kunden zählen Firmen, Cafés und Restaurants sowie Menschen mit Wohneigentum. Als „Gebrauchskunst“ bezeichnen sie selbst ihre Werke.
Das spezielle Glas für die Mosaike, die sogenannte „Smalte“, und Marmorstein beziehen sie aus Italien. Außerdem nutzen sie Keramik. Auf wertvolle Materialien zu setzen, die möglichst schonend abgebaut werden, sei ihnen wichtig. „Wir schlagen jeden Stein mit der Hand“, erzählt Paulina von Halle. Dafür nutzen sie speziell dafür vorgesehene Werkzeuge wie Mosaikhammer und Mosaikzange. „Ich mag das Material, finde die Steine wunderschön. Sie sehen anders aus, wenn du sie zerteilst“, erklärt Franziska Schock.
Bis ein Mosaik fertig ist, vergehen manchmal sehr viele Arbeitsstunden. Am Anfang steht meist eine Zeichnung auf Papier als Vorlage. Bei der indirekten Technik werden die Steine und Scherben darauf spiegelverkehrt aufgebracht und mit einem Kleber aus Mehl und Wasser fixiert. Danach wird eine eigene Mörtelmischung auf die Steine aufgetragen, um das Mosaik anschließend zum Beispiel auf einer Fassade zu befestigen. Aufgrund des Gewichts wird das Kunstwerk bei der Anfertigung in mehrere Puzzleteile zerlegt und erst beim Anbringen an den gewünschten Standort zusammengefügt. Zum Schluss wird das Papier abgezogen. Bei der direkten Technik, wo die Mosaiksteine mit Mörtel auf Glasfaser aufgetragen werden, wird dagegen nicht spiegelverkehrt gearbeitet.
In Berlin sind die beiden Künstlerinnen nun dabei, sich als Kollektiv einen Namen zu machen. Schlecht sind die Voraussetzungen dafür offenbar nicht, glaubt man Franziska Schock. „Die Menschen legen wieder mehr Wert darauf, dass es ästhetisch ist in ihrem Umfeld“, so ihre Beobachtung.
Wer mehr über die „Mosaizistas“ erfahren möchte: mosaizistas.com. Kontakt per E-Mail an info@mosaizistas.com.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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