Werke geistig behinderter Menschen im Ratz-Fatz ausgestellt
Sie hängen fein säuberlich nebeneinander aufgereiht und zeigen Menschen, Porträts, Tiere und Bäume. Wer es nicht besser weiß, denkt im ersten Moment, dass Kinder hinter den Zeichnungen stecken. Es sind jedoch Menschen, die mit einer geistigen Behinderung leben müssen.
Dass auch sie künstlerisches Talent besitzen, beweist eine die Kunstausstellung im "Ratz-Fatz". „Diese Menschen haben keine Ausbildung, aber sie wollen etwas ausdrücken. Sie sind nicht so geschickt, doch das ist das Gute. Sie bemühen sich dafür umso mehr um das Kunstwerk, das sie schaffen. Ich bin immer wieder überrascht, was dabei herauskommt.“ Das sind die Worte von Maler und Bildhauer Achim Niemann (66).
In der Pflegeeinrichtung „Maria Frieden“ in Pankow, wo 75 geistig behinderte Menschen in Wohngemeinschaften zusammenleben, leitet er seit 1998 einen Kunstkurs. Zweimal wöchentlich kommt ein Kreis von 20 Frauen und Männern zusammen, die ihre Liebe zur Kunst ausleben möchten. Gezeichnet wird mit Kohle, Bleistift, Buntstift und Wasserfarben in Farbe und Schwarz-Weiß. Fotobücher, Kataloge und Zeitschriften liefern Motive, die auf Zeichenkarton nachgebildet werden.
„Ich leite sie nicht an, sondern wir arbeiten miteinander zusammen. Ich kann von ihnen noch etwas lernen“, schildert Achim Niemann seine Erfahrungen im Umgang mit den Künstlern. „Wir machen viel Quatsch, denn beim Zeichnen muss man auch Spaß haben“, erklärt er. Weil geistig behinderte Menschen ihr Zuhause nur selten verlassen, macht er mit ihnen einmal im Jahr einen Ausflug in die Uckermark oder nach Sanssouci. Dort bekommen sie andere Eindrücke und zeichnen Motive aus der Natur.
Niemann entschied sich, 52 dieser Werke im Ratz-Fatz in Niederschöneweide auszustellen. Zur Vernissage am 2. Dezember war auch Kulturstadträtin Cornelia Flader (CDU) gekommen. „Das Verhältnis des Künstlers zu seinen Schützlingen – und zu sehen, mit welcher Wärme er mit ihnen umgeht, fasziniert mich besonders“, so die Stadträtin. Das Projekt sei für sie ein spannendes Thema.
Achim Niemann dürfte das freuen, denn er will den Kunstkurs auch in Zukunft weiterführen. Neulich hat er einen Dialog zweier Teilnehmerinnen mitgehört. „Ich kriege das nicht genauso hin“, habe sich die eine geärgert. „Das bekommst du eh nicht genauso hin. Du hast doch gehört, was Achim gesagt hat. Das muss etwas Eigenes werden“, so die Antwort der anderen. Dass geistig behinderte Menschen solche Überlegungen anstellen, habe Niemann einmal mehr tief beeindruckt.
<div class="docTextServiceText">Die Ausstellung „In anderen Wahrheiten“ im „Ratz-Fatz“, Schnellerstraße 81, läuft bis zum 22. Januar. Geöffnet ist montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt.</div>
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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