Zum Glück nur eine Übung
DRK, THW und Messe Berlin proben den Katastrophenfall

Schwangere zuerst! Erste Station nach der Rettung ist eine Sammelstelle.  | Foto: Matthias Vogel
10Bilder
  • Schwangere zuerst! Erste Station nach der Rettung ist eine Sammelstelle.
  • Foto: Matthias Vogel
  • hochgeladen von Matthias Vogel

Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk und die Messe Berlin samt Betriebsfeuerwehr haben am 4. August eine Notfallübung auf dem Messegelände absolviert. Die Ziele der sehr realistisch nachgestellten Katastrophe: Training der Einsatzkräfte und Koordination der Rettungsabläufe.

Wegen der Notbeleuchtung des Technischen Hilfswerks (THW) ist es halbdunkel, überall liegen Metalltrümmer. Blutüberströmte Menschen winden sich auf dem Boden, schreien vor Schmerzen, rufen verzweifelt nach Hilfe oder ihren Angehörigen. Manche Opfer der Katastrophe sieht man erst, als sich die Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt haben oder nur, weil sich unter den Trümmern etwas bewegt. Andere sind gut zu erkennen, sie haben eine der goldenen Wärmefolien der Ersthelfer übergelegt. Und wieder andere sitzen nebeneinander mit dem Rücken an einer Wand – die Augen starr vor Schreck. Sie haben die Sanitäter und Feuerwehrleute bereits geborgen und in Sicherheit gebracht, jetzt haben die Helfer alle Hände voll damit zu tun, sie zu beruhigen.

Szenario: Tribüne stürzt ein

Eine Katastrophe, aber zum Glück keine echte. Hier, in einer Halle der Messe Berlin, wird der Ernstfall geprobt. 75 freiwillige Mimen haben sich auf den Aufruf der Messe gemeldet, haben sich Platzwunden schminken und Verbände anlegen lassen. Das Szenario: Eine Tribüne auf einer gut besuchten Veranstaltung ist eingebrochen, der Strom ist ausgefallen, viele Verletzte.

Einteilung nach dem Ampelsystem

Hardy Häusler, Vorstandsvorsitzender des DRK Kreisverbandes Müggelspree, hat den Hut auf und sagt, auf was es bei der aufwendig inszenierten Übung ankommt: „In der ersten Phase nach der Katastrophe herrscht Chaos. Es besteht in der Regel ein ungleiches Verhältnis zwischen Einsatzkräften und Opfern. Für die als erstes eintreffenden Helfer ist der Job am schwersten. Sie müssen priorisieren und entscheiden: Wer kann noch laufen und schnell aus der Gefahrenzone gebracht werden? Wem muss am schnellsten geholfen werden?“ Häusler deutet auf die Frauen und Männer mit den roten Umhängetaschen. „Sie übernehmen die Sichtung und machen den Patienten Armbänder um das Handgelenk – nach dem Ampelsystem. So wissen die nachrückenden Sanitäter, wen sie dringend versorgen müssen.“

Im nächsten Schritt werden die Verletzten nach draußen gebracht. Eine Stunde, nachdem die Tribüne eingestürzt ist, sitzt dort eine schwangere Frau mit aschfahlem Gesicht an einer Säule. Eine Stunde später befindet sich schon ein halbes Dutzend Geretteter an der Sammelstelle, ihre Personalien werden aufgenommen, ihr Blutdruck gemessen.

„Hier gibt es alles, was es im Krankenhaus auch gibt“

Wen es schlimmer getroffen hat, der wird mit dem Krankenwagen eine Ebene weiter nach oben transportiert. Dort ist ein Behandlungsplatz eingerichtet. „Hier gibt es alles, was es im Krankenhaus auch gibt“, sagt Häusler. „Und hier wird nach der Behandlung auch entschieden, in welche Klinik der Patient gebracht werden muss.“

So realitätsnah wie möglich sollte dieser Krisenfall sein. Jede Menge Schrott wurde dazu in die Halle gekarrt und die freiwilligen „Opfer“ schreien nicht etwa, um ihr schauspielerisches Talent zu beweisen, sondern um die Einsatzkräfte in Stress zu versetzen. „So ist es in Wirklichkeit ja auch“, sagt Michael Frentzel vom THW-Landesverband Berlin, der schon bei einigen tatsächlichen Ernstfällen geholfen hat. Rund 175 Rettungskräfte und Helfer aus den Organisationen engagieren sich für die Notfall-Übung, hinzu kommen 50 Personen, um die Mitwirkenden zu versorgen, und Beobachter. "Zu 100 Prozent ehrenamtlich“, sagt Häusler. „Die Helfer des DRK sind zwar sehr gut ausgebildet, aber sie müssen im Training bleiben. Genauso wichtig sind die Zusammenarbeit der Rettungsdienste untereinander und die Koordination mit der Messe Berlin.“

Fünf Stunden lang dauert die Übung, um 16 Uhr sind alle Mimen gerettet und die Beobachter schließen ihre Notizbücher. Jetzt werden die Institutionen auswerten, analysieren, Schlüsse ziehen, die Köpfe zusammenstecken und sich Gedanken über Verbesserungen machen. Alles, um auf den Ernstfall vorbereitet zu sein.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

7 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 231× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 990× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.140× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.028× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.