Streit um Balkone
Anwohner im Landhausquartier Wilmersdorf wehren sich gegen Modernisierungsmaßnahme

Der Vermieter der Berliner Straße 65-66 möchte zur Straße hin Balkone anbringen und die Miete erhöhen. Die Mieter sehen keine Erhöhung des Wohnwertes, wohl aber die Zerstörung des Landhausstils.  | Foto: Michael Roeder
  • Der Vermieter der Berliner Straße 65-66 möchte zur Straße hin Balkone anbringen und die Miete erhöhen. Die Mieter sehen keine Erhöhung des Wohnwertes, wohl aber die Zerstörung des Landhausstils.
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Erneut sorgen Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohnungen für Ärger. Im Landhausquartier Wilmersdorf möchte der Eigentümer der Berliner Straße 65-66 und der Barstraße 11-12 Balkone anbringen. Darf er, sagt das Bezirksamt. Die Mieter sind anderer Meinung.

Das sind sie, weil die Häuser im Landhausstil zu deren Schutz einer Erhaltungssatzung unterliegen. Dieser liegt ein Gutachten aus dem Jahr 1994 zugrunde, in Auftrag gegeben vom damals noch eigenständigen Bezirk Wilmersdorf. Kurios: Beide Seiten berufen sich auf die Inhalte dieses Gutachtens. „Bei der Auflistung der Gestaltungsmerkmale für eine ortstypische Bebauung steht unter anderem Balkone und Erker“, sagte Grünen-Baustadtrat Oliver Schruoffeneger bei der Bauausschusssitzung am 20. November. Anwesende Mieter bestritten dies, es gelte zwischen den Landhäusern ohne Balkone und den umliegenden Villen mit Balkonen zu unterscheiden. Auf aktuelle Nachfrage der Berliner Woche beharrte Schruoffeneger auf seiner Meinung: „Das kriegen Sie niemals differenziert, erst recht nicht vor Gericht.“

Der Beschluss, ob dem Antrag des Eigentümers stattgegeben wird, wurde vertagt. Sowohl die Mieter als auch die Verwaltung haben eine Fotodokumentation angefertigt. Wolfgang Tillinger, Bezirksverordneter der SPD-Fraktion, hatte damals vorgeschlagen, die beiden Bilderserien miteinander zu vergleichen – und damit den Aufschub erwirkt. Der Vergleich habe bislang aber noch nicht stattgefunden, sagte Tillinger nun.

Der Grund für den Ärger der Mieter liegt auf der Hand: mehr Miete. 157 Euro mehr im Monat wolle der Vermieter pro Wohnung verlangen, schrieb Anwohnerin Monika Scheidler in einer E-Mail. Zudem sei die Maßnahme unsinnig: „Wir haben alle Gärten auf der Rückseite“, so Scheidler. Der Aussagekraft der behördlichen Bilddokumentation griff sie vor: Es gebe Häuser mit Balkonen an der Rückseite, die nach 1945 gebaut wurden, eine Villa mit einem Balkon und ein Haus mit sogenannten Ausstieg. „Es sind Bausünden, die schon nicht genehmigt hätten werden dürfen und mit dem Landhausstil nichts zu tun haben.“ Wolfgang Tillinger hat indes den Verdacht, dass der Vermieter die Maßnahme inklusive der Mieterhöhung bewusst plane, um eine allgemeine Sanierung der Gebäude vorzufinanzieren. „Die sind ja nicht einmal wärmegedämmt.“ Das Thema wird jedenfalls auf der Tagesordnung einer der nächsten Bauausschusssitzungen stehen.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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