Shops am Boulevard – Drama im Keller: Was der neue Investor des Ku’damm-Karrees vorhat

Freier Blick auf ein veredeltes Büro-Hochhaus: Der massive Vorbau am Kurfürstendamm weicht einem neuen Korridor. | Foto: Kleihues + Kleihues Architekten
  • Freier Blick auf ein veredeltes Büro-Hochhaus: Der massive Vorbau am Kurfürstendamm weicht einem neuen Korridor.
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Charlottenburg. Wartemodus beendet: „Cells Bauwelt“ will das Ku'damm-Karree in eine offenen Passage mit Shops, Büros und Hotel verwandeln. Weder das Theater noch die Komödie am Kurfürstendamm würde den Eingriff überleben. Dafür verspricht der Bauherr Ersatz: einen neuen Pavillon mit unterirdischer Bühne.

Tristes Grau und Fangnetze vor dunklen Fenstern, kaum noch Mieter in der Verkaufspassage und eine Ungewissheit, groß wie das von Vorbauten eingezwängte Hochhaus – das Ku'damm-Karree Anfang 2016. Ein Straßenblock wie ein betonierter Störeffekt in der Abfolge von sanierten Fassaden. Aber nun: ein neuer Versuch zur Transformation in etwas Modernes. Nachdem sich der irische Investor Ballymore am Totalumbau verhoben hat, krempelt ein neuer Eigentümer die Ärmel zur finanziellen Kraftprobe hoch. „Cells Bauwelt“ aus München präsentierte der Öffentlichkeit einen Entwurf, der die Hausfront zum Ku'damm aufsprengt. Dann wären der Blick und der Weg frei zum Hochhaus – dem Fixpunkt dieses Modells aus der Feder des Büros „Kleihues + Kleinhues“.

Büros im Turm

„Diesem Turm wollen wir eine Ku'damm-Adresse geben“, sagt „Cells“-Geschäftsführer Norman Schaaf. Anders als in der Ballymore-Vision soll er allerdings keine noblen Wohnungen beherbergen, sondern Büros. Sie würden aus Schaafs Sicht mehr Leben auf den neu entstehenden Stadtplatz im Inneren des Karrees spülen als teure Unterkünfte. „Es ist ein Versuch, Frequenz an diesen Ort zu holen", verteidigt er sein Konzept.

Frequenz erhöhen, das heißt auch, den vorderen Riegel – mit den beiden Ku'damm-Theatern – abzureißen und gegen zwei Neubauten ersetzen. Links säßen dann Shops, rechts von der geöffneten Passage bekäme man ein Kaufhaus. „Derzeit belegen die Theater die teuersten Flächen“, stört sich Schaaf am Jetzt-Zustand. Ein Erhalt der über 90 Jahre alten Spielstätten? Nicht vorgesehen.

Ein weiterer Zugang soll aus der Uhlandstraße ins Innere des Komplexes führen, wo zu Füßen des Hochhauses der Stadtplatz entstehen kann. Und genau hier wäre der Ort, an dem ein neuer Theaterpavillon eröffnet. Oben hätte man die Garderobe, unten eine Bühne mit 670 Plätzen. Und dass der jetzige Theater-Chef Martin Woelffer hier das Programm gestaltet, ist durchaus nicht garantiert.

"Unanbietbare" Bühne

„Gewisse Unregelmäßigkeiten haben zu einem Dissens geführt“, begründet Schaaf eine Räumungsklage und Vorbehalte gegen den Traditionsbetrieb. Prompt waren zur Präsentation des Umbauvorhabens Anhänger der Ku'damm-Bühnen erschienen, die sowohl den Wunsch nach Räumung als auch die fehlende Zusage für einen Neuanfang massiv kritisierten. Für „unanbietbar“ hält Schauspieler Walther Plathe die unterirdische Ersatzbühne. Ursela Monn und SPD-Kulturexpertin Christiane Timper warnten vor einer Enteignung, für die es hässliche historische Vorbilder gibt. Größen wie Marlene Dietrich, Hildegard Knef und Harald Juhnke hätte dafür gesorgt, dass das Schauspiel zum Kurfürstendamm gehört.

„Wir können einem Eigentümer nicht vorschreiben, welchem Theaterbetreiber er den Vorzug gibt“, erklärte dazu Baustadtrat Marc Schulte (SPD). Er glaubt aber, dass der Investor ein Interesse haben muss, das neue Theater zum Erfolg zu führen, wenn er ihm schon einen Platz im Zentrum des Areals spendiert. Inwiefern man hier tatsächlich „Frequenz“ erzielt, hänge maßgeblich von der Spielstätte ab.

Ganz ohne Streit gesichert scheint die Zukunft der „Story of Berlin“, die auch nach dem Karree-Umbau erhalten bleibt und im Atomschutzbunker weiter Touristen empfängt. Und schließlich setzt „Cells Bauwelt“ auch ganz neue Akzente. Zum Beispiel mit dem Bau eines neuen Hotels mit 150 Betten im rückwärtigen Teil des Blocks zur Lietzenburger Straße. Oder mit der Planung eines Fahrradparkhauses – und eines Cafés, in das man seinen Drahtesel mitnimmt. Oder mit der Schaffung einer Kita auf dem Dach.

Dementsprechend gespalten sind die Meinungen zur Auffrischung des 1970 erbauten Ensembles. Die BVV-Fraktionen werden in Kürze kundgeben, ob der Entwurf eine schnelle Bewilligung gebührt – oder ob die Bedenken gegen den Theaterabriss und nicht vorhandenen Wohnungsbau überwiegen. Sollte es ein Ja geben, könnte „Cells“ sofort beginnen. Und der Ku'damm bekäme binnen zweieinhalb Jahren ein neues Karree. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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